Informationen dazu zu finden, wie die Siedlerinnenberatung 1932 in Pommern aussah, gestaltet sich sehr schwierig. Da diese Initiale nur sehr kurz bestand hatte, andererseits die Veröffentlichungen hierzu sich mehr damit befassten, was erreicht werden sollte, als was tatsächlich getan wurde, bleibt nur, wiederzugeben, was die Beteiligten selbst dazu schrieben.
Wahl in Preußen
Während die im vorangegangenen Kapitel vorgestellten Vorträge und Aufsätze gehalten und verfasst werden, entwickelt sich das Projekt “Siedlerinnenberatung” weiter. Im Laufe des Frühjahrs und Sommers 1932 wird jedoch immer deutlicher, dass die Entwicklungen auf politischer Ebene nicht ohne Auswirkungen auch auf diesen “kleinen Versuch” bleiben werden. Der Einfluss den zunächst die Landtagswahl in Preußen vom 24.04.1932, bei der die NSDAP stärkste Kraft wird, der sogenannte “Preußenschlag” im Juli 1932 und schließlich die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 auf die beteiligten Personen und ihre Initiativen im Bereich der Siedler:innen im Osten Deutschlands haben, sind unmittelbar, sie werden nach und nach dargestellt.1 Ich bleibe bei der chronologischen Erzählung, die zwar Querverbindungen zwischen Ereignissen und Personen aufzeigt, wenn möglich jedoch keine Vorgriffe macht.
Am 25. April, dem Tag nach der Wahl in Preußen schreibt Nohl an Gertrud Bäumer, Käthe Delius und Hans Krüger. Während der Brief an Gertrud Bäumer nicht auf die Wahl eingeht – Nohl erkundigt sich nach einem Aufsatz zur Einbindung von Sozialpädagog:innen in die Siedlungsarbeit, endet das Schreiben an Käthe Delius, in dem es um Details zum weiteren Vorgehen in der Siedlerinnenberatung geht, mit den Worten “Hoffentlich stört das Wahlergebnis die Arbeit nicht.”2 An Hans Krüger, der ihm eine Publikation (“Denkschrift der Habertshofer”) zugesandt hat, schreibt Nohl, fast wortgleich wie an Käthe Delius: “Das Wahlergebnis wird ja nun auch stark in Ihr Ministerium eingreifen, hoffentlich haben Sie nicht zu viel Aerger damit.”3 Hauptsächlich interessiert sich Nohl aber für ein anderes Thema. Im gleichen Atemzug mit dem er sich für diese Zusendung einer Veröffentlichung zum Thema Arbeitsdienst bedankt, merkt Nohl an: “Durch das Wahlresultat wird sich ja nun manches verschieben, und dabei wird [die] Arbeitsdienstidee wahrscheinlich wohl sehr stark in den Vordergrund treten.”
Herman Nohl sieht im Wahlerfolg der NSDAP offenbar eine Chance für seine Initiativen, zu denen – wie hier zum ersten Mal deutlich wird – der Arbeitsdienst gehört. Sein Mitarbeiter Curt Bondy4, so teilt er Krüger mit, behandelt “in diesem Semester in meinem Seminar die Probleme des Arbeitsdienstes” und einer seiner Schüler hat gerade erst praktische Erfahrungen “in dem Arbeitslager meines Freundes [Karl] Ruth” gemacht.5
An dieser Stelle soll kurz auf die Thematik “Arbeitsdienst” eingegangen werden, insofern die theoretische Position Nohls bzw. seines Kreises einerseits, der NSDAP andererseits betroffen sind, denn zu diesem Zeitpunkt, im Frühjahr 1932 liegt Herman Nohls Hauptinteresse noch nicht auf dieser Institution.
Wolfgang Benz formulierte 1968 folgende These:
Der Freiwillige Arbeitsdienst (FAD) war vor allem als Maßnahme der produktiven Arbeitslosenfürsorge gedacht und wurde deshalb durch die Regierung Brüning und ihre Nachfolger seit dem Sommer 1931 gefördert. Die “Arbeitsdienstpflicht” […] muß dagegen als Bestandteil autoritärer und totalitärer Ideologie verstanden werden.6
Insofern als dass die Arbeitsdienstpflicht von Vertreter:innen der unterschiedlichsten politischen Organisationen und Parteien vertreten wurde, kann dieser Analyse zugestimmt werden – sie war auch ein Bestandteil autoritärer und totalitärer Ideologie, aber eben nicht nur. Zur Genese des FAD gehört unbedingt die politische Krise seit dem Zusammenbruch der Regierung Müller 1930, die “an der Frage der Lösung der Arbeitslosigkeit” scheiterte.7 Einfach gesagt: die Arbeitslosenversicherung war nicht darauf ausgerichtet, die Massenarbeitslosigkeit in Folge der Weltwirtschaftskrise zu bewältigen, ihr fehlten die Mittel und die Möglichkeiten. Die Einführung des FAD im Sommer 1931 durch die Regierung Brüning, die als erstes Präsidialkabinett ohne Mehrheit nur auf Basis des §48 der Verfassung (Notverordnung) regierte, wurde politisch so begründet, dass diejenigen, die Arbeitslosenunterstützung aus öffentlichen Geldern erhielten, dies in irgendeiner Form durch praktischen Einsatz rechtfertigen sollten. Aus dem Gedanken heraus – und weil durch die von den im Arbeitsdienst Beschäftigten durchgeführten Maßnahmen nicht Aufträge für regulär beschäftigte und bezahlte Arbeiter, Handwerker etc. wegfallen durften, sprich kein Lohn-Dumping entstehen durfte – ergab sich die Forderung, dass Arbeitsdienstmaßnahmen “gemeinnützig und zusätzlich” sein mussten.
Tatsächlich ging mit der Etablierung und der Konzentration auf den FAD als “Lösung” der Arbeitslosigkeit ein Abbau anderer Leistungen einher.8 Peter Dudek spricht davon, dass die Entscheidung, den Arbeitsdienst einzuführen, eine “Defensivreaktion” gewesen sei, “gegenüber der wachsenden Zahl der Arbeitsdienstpflichtbefürworter”, die also nicht nur den Wunsch nach einer Gegenleistung für die öffentliche Unterstützung der Arbeitslosen hatten, sondern eine solche als Pflicht verstanden.9 Zur Situation Anfang 1932 schreibt Dudek weiter: “In den ersten Monaten des Jahres 1932 konnte die Zahl der FAD-Teilnehmer verdreifacht werden. Obwohl juristisch eine beschränkte soziale Krisenmaßnahme gewann der FAD damit allmählich politisches Eigengewicht und entfachte die Diskussion um die Dienstpflicht neu.”10 Von Seiten der SPD und der Gewerkschaften wurde der FAD derweil lediglich als Notlösung, als vorübergehende Erscheinung betrachtet, “die nach Stabilisierung der Verhältnisse möglichst schnell der Eingliederung der Erwerbslosen in den normalen Arbeitsprozeß zu weichen hatte.”11
Während sich die politische Situation also so gestaltet, dass einerseits der FAD mit relativem Erfolg eingeführt wurde, andererseits für Viele nicht weit genug ging, fasst Peter Dudek die Position der universitären Pädagogik bzw. der Vertreter:innen der professionellen Pädagogik gegenüber dem Arbeitsdienst zu diesem Zeitpunkt so zusammen:
In der Regel erscheint die Jugendsituation allgemein als problematisch und Jugend in der Krise sui generis als gefährdet. […] Der Blickwinkel, aus dem der FAD pädagogisch legitimiert wird, ist der der Gemeinschaft, die in ihren Grundlagen als bedroht erscheint, deren Situation es erfordert, daß Arbeitstugenden und Charakterbildung in und durch den Arbeitsdienst vermittelt werden. Kurz: die Notwendigkeit und die pädagogische Gestaltung des FAD werden nicht “individualpädagogisch”, sondern “nationalpädagogisch” begründet. Im Vordergrund stehen dabei die Leitbegriffe des “Dienstes” und des “Dienens”, die beide in spezifischer Weise den Opfergedanken mit Pädagogik verbinden.12
Dudek weist darauf hin, dass insbesondere Curt Bondy, der eng mit Herman Nohl zusammen arbeitet, ein Vertreter des Dienstgedankens ist: “Bondy ging […] von der Prämisse aus, ‘daß der Staat grundsätzlich das Recht hat, den jungen Bürger zum Pflichtdienst heranzuziehen: zum Arbeitsdienst als Friedensaufgabe, zum Wehrdienst als Kriegsaufgabe.” Bondy und Karl Ruth verbinde außerdem die Vorstellung, dass Arbeitsdienst als “Erlebnis als pädagogisch wirksamstes Mittel” dazu führen könne, “den Dienstgedanken Jugendlicher zu verinnerlichen”.13
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wieso Herman Nohl davon ausgeht, dass durch die Änderung der Mehrheitsverhältnisse in Preußen zu Gunsten der NSDAP eine politisch Fokusverschiebung hin zum Arbeitsdienst stattfinden könnte. Tatsächlich schwankte die NSDAP in den Jahren 1931/32 stark zwischen einer generellen Ablehnung des FAD als staatliche gefördertes Vorhaben und der Forderung nach einer Dienstpflicht, für die sich vor allem der von Adolf Hitler zum “Beauftragten des Führers für den Arbeitsdienst” ernannte Konstantin Hierl14 aussprach. Peter Dudek macht deutlich, worin das genuine Interesse der Nationalsozialisten lag:
Ausgangspunkt der nationalsozialistischen Arbeitsdienstbestrebungen war zu keinem Zeitpunkt die Situation oder die Interessen Jugendlicher, sondern die fiktiv angenommenen Bedürfnisse des “deutschen Volkes”. Denn es bedarf des “selbstlosen Einsatzes seiner Jugend zu seiner Wiedererhebung”.15
Wolfgang Benz fasst zusammen:
Der theoretische Beitrag, den Konstantin Hierl namens der NSDAP zur Diskussion der Arbeitsdienstfrage lieferte, war denkbar bescheiden. Er bestand weitgehend aus der Adaption des vorliegenden Schrifttums, sowie es sich in das Programm der NSDAP einfügen ließ. […] Neben den Phrasen von der “Überwindung des liberalistisch-kapitalistischen Wirtschaftsdenkens” und der Aufrichtung”deutschen Sozialismus”wurden vor allem die gemeinschaftsbildenden Werte des Arbeitsdienstes betont. Wirkte hier das Fronterlebnis des Ersten Weltkrieges nach, so stand hinter der “Umschichtung unseres Volkes aus den Großstädten aufs Land” und der “Umgruppierung aus der übermäßig aufgeblähten Industrie zurück zur Bodenkultur” (wie auch bei vielen nicht-nationalsozialistischen Forderungen nach der Dienstpflicht) Hans Grimms “Volk ohne Raum”.16
Hier nun liegt die Anschlussfähigkeit der (national)pädagogischen Theorie Herman Nohls an die Diskussion zur Dienstpflicht, in der Anspruchshaltung, die an die Jungend gemacht wird, der Verbindung von Arbeitsdienst und Nationalismus und in der sentimentalen Überhöhung des Landes, zudem, so stellt es Peter Dudek dar, versuchte die Mehrheit der
[…] Arbeitsdienstbeiträge in der pädagogischen Fachliteratur vor 1933 […] dem Freiwilligen Arbeitsdienst ein sozialpädagogisches Profil zu geben und seine Legitimität an das Prinzip des Dienstes und damit an die Erziehung “zum Dienst am Ganzen” zu binden. […] Notwendigerweise abstrahierten solche totalitätsbezogenen Zielsetzungen von der konkreten sozialen Lage erwerbsloser Jugendlicher und erleichterten den Übergang zu Argumentationen, die den Arbeitsdienst zu einer neuen allgemeinen Sozialisationsinstitution mit nationalpädagogischer Aufgabenstellung deklarieren konnten.17
Das heißt also: Herman Nohl sieht in der Situation nach der Wahl in Preußen im April 1932 die Chance, dass die ablehnende Haltung der SPD (die bisher die Regierung stellt) gegenüber einer Arbeitsdienstpflicht, sich nicht mehr länger wird halten können und dass nun, unter dem Einfluss der stärker gewordenen NSDAP diese Diskussion aus der Theorie in die Praxis übergehen könnte. Noch spielt der Arbeitsdienst keine Rolle für das Projekt Siedlerinnenberatung, doch die Dominanz des Themas im Sommer 1932 wird sich bald auch über dieses Vorhaben legen.
Konkrete Maßnahmen in Pommern
In Stettin geht die Etablierung der Siedlerinnenberatung unterdessen voran und weitere Maßnahmen werden geplant. Am 30. April meldet sich Aenne Sprengel mit der Information bei Herman Nohl, dass in Wartin, im Kreis Randow, ein Kindergarten eingerichtet werden soll. Die Personalfrage sei schon geklärt, wie sie schreibt:
Gestern hatte ich nun eine Besprechung mit Fräulein [Irmgard, S.G.] Delius vom Sozial-pädagogischen Seminar und der Leiterin des Wanderlehrgangs in Wartin. […] Fräulein Delius hat eine sehr geeignete Kindergärtnerin, die vom Lande aus Pommern stammt und auch gern auf dem Lande arbeiten möchte.18
Allerdings fehlt noch die notwendige Finanzierung – Aenne Sprengel bittet Nohl um Hilfe, damit Mittel durch das Kultusministerium oder das Wohlfahrtsministerium zur Verfügung gestellt werden, immerhin hat er doch beste Beziehungen zu beiden Behörden. Außerdem erfährt Nohl Details zu der bereits von Käthe Delius angekündigten Reise in einzelne Siedlungen (Barvin, Wendisch Puddiger, Ruschütz), die in der folgenden Woche stattfinden soll.
Aus diesem Brief wird zum wiederholten Male deutlich, wie tief Nohl nicht nur hinsichtlich der theoretischen Grundlage, sondern ganz praktisch in den Aufbau der Siedlerinnenberatung involviert ist: Nohl nimmt sich der Sache sofort an und schreibt mit der Frage nach der zukünftigen Finanzierung der geplanten Kindergärten umgehend an Gertrud Bäumer und Helene Weber.19 In seinem Antwortbrief an Aenne Sprengel erwähnt Nohl außerdem, dass er Thea Iffland um die Namen und Adressen der Siedlerberaterinnen gebeten habe – es scheint so, als ob er diesen selbst schreiben wolle.20 Im Gegenzug meldet sich Aenne Sprengel – kaum zurück von ihrer Besuchsreise mit Käthe Delius – wiederum bei Nohl und stellt fest: “Frau Regierungsrat Delius war auch sehr zufrieden mit allem, was bisher geschafft worden ist.”21
Etwa zur gleichen Zeit wendet sich Hans Fuchs, den Herman Nohl spätestens seit der Tagung in Behle persönlich kennt, mit der Bitte um Unterstützung hinsichtlich der Etablierung einer Siedlerinnenberatung in Ostpreußen an Herman Nohl, welcher wiederum Aenne Sprengel, Thea Iffland und Käthe Delius diesbezüglich anfragt:22
Dass hier in Ostpreussen der Gedanke der Siedlungsberaterin nun auch einschlägt, wie übrigens auch in der Grenzmark, wo sie in diesen Tagen drei Mädchen angestellt haben – ich weiss leider nicht wen und unter welchen Bedingungen – ist mir eine grosse Freude und wird Sie auch freuen.23
Herman Nohl wäre wirklich gerne mehr involviert in der Grenzmark!
Alle drei Adressatinnen gehen auf die Anfrage von Hans Fuchs ein: Aenne Sprengel erklärt sich bereit, ihn zu beraten – sobald er sich selbst bei ihr meldet.24 Thea Iffland freut sich über die Initiative, kann aber leider nicht weiter helfen.25 – Und Käthe Delius glaubt, “dass die Organisation zweckmässigerweise auch dort [in Ostpreußen, S.G.] von der Landwirtschaftskammer übernommen wird, damit sie auf alle Fälle sicher gestellt ist. Ich nehme an, dass die dortige Referentin, Fräulein von Gayl26, die Sache recht gut organisieren wird.”27 Käthe Delius schildert Nohl in diesem Brief vom 23. Mai 1932 zudem ihre Eindrücke, die sie bei der kurz zuvor mit Aenne Sprengel in Pommern unternommenen Reise gewonnen hat:
Ich bin inzwischen in Pommern gewesen und habe mit dort die Anfänge der Siedlerberatung angesehen. Ich habe doch die Ueberzeugung gewonnen, dass wir auf dem richtigen Wege sind, wenn auch leider nicht Alles ohne Schwierigkeiten geht.
Und mit Blick auf die Situation in der Grenzmark:
Ich habe dort die Landwirtschaftskammer etwas aufgemöbelt […].28
Helene Weber stellt in Reaktion auf Nohls Anfrage bzgl. des Kindergartens in Wartin klar, dass eine Finanzierung aus sogenannten “Osthilfemitteln”, nicht möglich sein wird, da diese nur für Grenzbezirke zur Verfügung stehen und Wartin liegt nunmal nicht in einem solchen:29
Ob aus preußischen Haushaltsmitteln in diesem Jahr Mittel zur Neueinrichtung von Kindergärten gegeben werden können, ist im Augenblick noch nicht zu überschauen, bis feststeht, wieviel für die Aufrechterhaltung bereits bestehender Kindergärten in nationalpolitisch gefährdeten Gebieten aufgewendet werden muß.30
Einen Antrag könne man aber trotzdem stellen, meint sie, am besten via Regierungspräsident.
Herman Nohl leitet diesen Brief unmittelbar an Aenne Sprengel weiter, die wiederum die Sache sofort aufgreift: “Ich bin übermorgen in Berlin und hatte Frau Regierungsrat Delius schon gebeten, mit Frau Weber zu verhandeln und eine Besprechung zwischen uns zu vereinbaren.”31 Ob es zu diesem Termin gekommen ist, muss unklar bleiben, es scheint allerdings so, als ob Käthe Delius sich dazu entschieden habe, das Thema “Finanzierung von Kindergärten in Pommern” selbst zu übernehmen: “[…] ich werde nun die Sache in die Hand nehmen und werde mit dem Wohlfahrtsministerium verhandeln, um auch hier die Bahn frei zu machen. […] Mit dem Kultusministerium habe ich mich in Verbindung gesetzt und ich hoffe, dass auch hier die Zusammenarbeit gut weiter gehen wird. Es ist ja immer etwas schwierig, da die einzelnen Ressorts immer ihre eigenen Grundsätze verfolgen und es auch nicht immer leicht ist, Alles unter einen Hut zu bringen.”32
Käthe Delius ist mindestens so engagiert wie Herman Nohl und auch sie kümmert sich am liebsten selbst um alle offenen Fragen. Dabei stützt sie sich auch in diesem neuen Projekt auf die Referentinnen der Landwirtschaftskammern, mit denen sie schon einige Jahre lang erfolgreich zusammen arbeitet – auch wenn sie Herman Nohls kritische Einschätzung Elsa Bergers offenbar zumindest in gewissem Maße teilt. Mit Irene von Gayl, seit 1923 in dieser Position in Ostpreußen, verbindet Käthe Delius nicht nur die aktuelle Arbeit, die beiden kennen sich schon lange, haben Anfang der 1920er Jahre gemeinsam auf dem von Irene von Gayl gegründeten “Sonnenhof”, einem rein weiblichen Siedlungsprojekt gearbeitet. Dort hat Käthe Delius aus erster Hand Siedlungserfahrung gemacht und für sich u.a. die Erkenntnis gewonnen, dass “eine Frauensiedlung kein Weg” ist.33
Herman Nohl ist zu diesem Zeitpunkt nicht nur bestens über den Fortgang des Projekts in Pommern informiert, er treibt es aktiv voran, stellt Verbindungen zwischen den Akteur:innen her und versucht, wo er kann, selbst Einfluss auf den weiteren Verlauf auszuüben. Schon Anfang Mai schrieb er wieder an Hans Krüger und ließ erneut durchscheinen, dass er mit der Situation in der Grenzmark, wo es offenbar vorwärts geht, aber ohne seine Beteiligung, nicht zufrieden ist: “Leider weiss ich nicht, wer die Auswahl hat, und ob die richtigen Mädchen genommen werden. Denn darauf kommt natürlich alles an.”34 Dass ihm die Auswahl von passenden Beraterinnen für die Siedlerinnen in den östlichen Grenzbezirken sehr wichtig ist – denn davon hänge das Gelingen des Projekts entscheidend ab – wird auch in einem Aufruf deutlich, den Nohl Mitte Mai 1932 an seinen Freundeskreis schickt:
Wer geeignete Mädchen für die Arbeit weiß – Landwirtschaftslehrerinnen, Jugendleiterinnen, Wohlfahrtspflegerinnen, die aber etwas von Haus- und Gartenwirtschaft, Haustierpflege, möglichst auch Krankenpflege verstehen müssen – nennt mir wohl die Namen, damit man mit ihnen in Verbindung tritt. Es kommt ja hier alles auf die geeigneten Menschen an und daß wir die genügend zur Verfügung haben. Aber um Gottes Willen keine Nieten auf die Stellen scharf machen!35
Unabhängig von potenziellen neuen Aktivitäten in Ostpreußen geht Thea Iffland in ihrer Antwort an Nohl bzgl. der Anfrage aus Ostpreußen auf Sorgen, die sie jetzt schon in Pommern beschäftigen, ein. Zu diesem Zeitpunkt, Mitte Mai 1932 sind in Ostpommern erst 4 Siedlungshelferinnen eingesetzt, “gleich nach Pfingsten kommt die 5. und die 6. dazu”.36
Thea Iffland wird sich viel später so erinnern:
Ich hatte den Posten als Leiterin dieser Arbeit in Stolp angetreten. Es war interessant zu beobachten, wie die einzelnen, entsprechend ihrer verschiedenen Persönlichkeiten, ihrer Vorbildung und Interessen, die Arbeit an unterschiedlichen Stellen anpackten, wie sie von ihren Siedlern unterschiedlich auf- und angenommen wurden. Alle Dörfer zeigten zudem ihre eigenen Probleme.37
Welche Probleme sind das, bzw. welche Schwierigkeiten (Zitat Käthe Delius)? Zeitgenössisch schildert Thea Iffland den Radikalismus der Siedler unverblümt, diese seien vielfach beratungsresistent und sie teilt Nohl mit, “ein Herankommen an die Menschen [ist] hier am besten von der krankenpflegerischen und von der wirtschaftlichen Seite möglich. Der Pommer braucht einen sofortigen sehr handgreiflichen Erfolg, um von dem Nutzen einer Sache überzeugt zu sein.”38 Das hört Herman Nohl bestimmt nicht gerne, denn diese Sichtweise – die von Käthe Delius – widerspricht seinem Ansatz, dass das, was den Siedlern fehlt, durch pädagogische und kulturelle Bemühungen gewonnen werden kann.
Auch in ihrem nächsten Brief, zwei Wochen später, berichtet Thea Iffland ausführlich vom Fortschritt der Arbeit mit den Siedlerberaterinnen unter ihrer Aufsicht:
Es ist sicher in Bezug auf die Schnelligkeit des Einlebens ganz gut, wenn die Menschen, die in die Siedlungen gehen, aus sehr ähnlichem Milieu sind, wir [sic!] die Siedler selbst, aber sicher ist ein zu geringer Abstand auch nicht das Richtige, man soll sich ja nicht mit den Gegebenheiten nur abfinden, sondern man soll danach streben, in manchen Fällen Besseres an die Stelle des Gegebenen zu setzen.39
Kaum sind die Siedlerberaterinnen etabliert, wird also schon deutlich, wo es “knirscht” – einerseits spielt, wie zu erwarten war, die Ausbildung der Beraterinnen eine große Rolle, andererseits bedarf es aber offenbar auch eines gewissen Charakters, die Frauen müssen in der Lage sein, sich gegenüber den Siedler:innen, die im schlimmsten Fall beratungsresistent, im besten Fall skeptisch sind, durchsetzen können.
Etwa neun Monate später, im Februar 1933 wird Thea Iffland rückblickend auf die Arbeit der Beraterin im Ort Ruschütz schreiben:
Fräulein Fröhling hat Ruschütz verlassen, weil sie zum Januar eine Stellung als Wohlfahrtspflegerin in Magdeburg bekam. Da sie in Ruschütz recht wenig Aktivität gezeigt hat, war beschlossen worden, sie im Frühjahr zu entlassen, da passte es gut, dass sie jetzt eine Stellung bekam. Diese Arbeit ist nun einmal ohnen [sic!] ganz gründliche wirtschaftliche Kenntnisse unmöglich. Die kleine Fröhling war persönlich in ihrer Siedlung beliebt, in ihrer jugendpflegerischen und krankenpflegerischen Tätigkeit einwandfrei und hat trotzdem in der Arbeit überhaupt keine Anerkennung gefunden, im Gegenteil, es wurde jeder verkehrte Handschlag kritisiert und belacht.40
Mit dem Brief Thea Ifflands an Nohl vom 24. Mai 1932 wird zudem ein Gedanke aufgeworfen, der sich schon kurze Zeit später durchsetzen wird. Sie beschreibt, wie zwei Siedlungsberaterinnen, die als Landpflegeschwestern41 in uniformähnlicher Kleidung arbeiten, von den Siedlern wahrgenommen werden:
Es ist erstaunlich, wieviel den Schwestern ihre Schwesterntracht hilft, wie sie sie gleich den Frauen und Mädchen näher bringt und ihnen auch erlaubt, den Männern einmal deutlich zu werden, wenn das notwendig ist.42
Einerseits ist dieser Respekt vor Uniformen sicherlich zeittypisch, andererseits bringt die Idee der einheitlichen Kleidung für die Siedlungshelferinnen diese von der rein beratenden und unterstützenden Tätigkeit einen Schritt weiter in Richtung einer äußerlich sichtbaren, organisierten Form, in der dem Einzelnen eine Rolle zufällt, er nicht mehr als Individuum tätig ist. Spannend, weil es dem Impuls, die Frauenbewegung als anti-autoritär zu verstehen, entgegen läuft, sind in diesem Zusammenhang die folgenden Anmerkungen Hilde Lions aus dem bereits zitierten Beitrag vom Oktober 1932, den weiblichen Arbeitsdienst betreffend:
Wir haben eine junge Frauengeneration, die aus allen möglichen Gründen viel autoritätsgläubiger und gehorchensfreudiger, kollektivgesinnter ist, als die, aus der Epoche der Jugendbewegung. Sie wird von allen Seiten für den Arbeitsdienst erst geworben werden müssen, weil die Berufsfremdheit auch zugleich für viele bloß politisches Mitläufertum aber für die meisten Ferne vom öffentlichen Leben bedeutet. Wir müssen sie werben durch Aufruf, einheitliche Abzeichen, vielleicht sogar durch einheitliche Kleidung.43
Die Uniformierung wird hier als Anreiz für junge Frauen, einer ansonsten eher unattraktiven Tätigkeit nachzugehen, präsentiert. Im nationalsozialistischen Arbeitsdienst dient die Uniform, neben diesen von Hilde Lion erkannten Anreizen dann zusätzlich dazu, die Teilnehmer:innen zu ent-individualisieren, die Arbeitsdienstangehörigen werden zu Gliedern der (Volks)Gemeinschaft.44
Bereits eine Woche nach ihrem Besuch in Berlin kann Aenne Sprengel dann Konkretes bzgl. der Finanzierung des Kindergartens in Wartin mitzuteilen: Dessen Einrichtung soll jetzt aus Mitteln der Landwirtschaftskammer für die Siedlerfrauen – “die ich aus dem Vorjahre noch […] übrig habe” und die Kindergärtnerin selbst von der Provinzialabteilung Pommern des Deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege, der eng mit dem Preußischen Landwirtschaftsministerium verbunden ist, übernommen werden.45 “Ich sehe doch immer wieder”, schreibt Aenne Sprengel an Herman Nohl, “daß man in diesen Zeiten, wo täglich neue Aufgaben vor uns auftauchen, viel beweglicher sein muß, als die Menschen in Berlin denken, und nur etwas erreicht, wenn man sofort zupackt und alle Möglichkeiten ausnutzt.” Während die Ministerien in Berlin noch “ihre eigenen Grundsätze verfolgen” (Zitat Käthe Delius) und die Abstimmungen bzgl. der benötigten 500 RM für Wartin erst anlaufen, hat Aenne Sprengel ihre Fühler erfolgreich in andere Richtungen ihres Netzwerkes ausgestreckt.
Als Aenne Sprengel diesen Brief verfasst, ist Thea Iffland gerade in Stettin und die beiden Frauen haben neben aktuellen Entwicklungen aus den Siedlungen offenbar ein weiteres Thema besprochen, das auch Nohl interessieren dürfte. In Stolp scheint man – getragen u.a. von der Leiterin des dortigen Kindergärtnerinnenseminars, Frieda Gaede, auf sie wird noch zurück zu kommen sein – zu beabsichtigen, sehr schnell und unkompliziert eine größere Zahl von Frauen zu Siedlungshelferinnen zu schulen. Hiervon halten weder Aenne Sprengel noch Herman Nohl viel und auch Thea Iffland äußert sich ablehnend:
Zuerst zu ihrem letzten Brief, den ich heute erhielt betreffs der “Schnellbleiche” der Siedlerberaterinnen. Ich muss sagen, ich war sehr erschrocken, als ich Herrn Direktor [Hermann] Hadlichs46 Brief gelesen hatte. Ich bin der Überzeugung, dass wir, wenn wir solche Leute in unsere Arbeit bekommen, den Weg gehen, den Sie uns – jetzt hoffentlich nicht mehr – zutrauten, nämlich nur auf wirtschaftliche oder sonstige rein sachliche Förderung der Menschen bedacht zu sein, ohne den eigentlichen, tieferen Sinn unserer Arbeit zu bedenken. Ich glaube, um den Menschen hier Kultur bringen zu wollen, muss man solche nicht nur theoretisch kennen, sondern sie als ein ganz selbstverständliches Erfordernis im Leben betrachten. […] Solange wir eine solche Menge so gut vorgebildeter Kräfte zur Verfügung haben, wie augenblicklich, brauchen wir uns doch nicht mit, wie Sie sagen halbgebildeten Kräften abzugeben.47
Aus einem Brief Herman Nohls an Hildegard von Gierke erfährt man weitere Details zu diesem Vorschlag des Herrn Direktor Hadlich, und zwar,
[…] dass die dortige Berufsberaterin an ihn herangetreten sei, Lehrertöchter und Amtsvorstehertöchter zu einer Schnellbleiche für 6-8 Wochen in das Stolper Kindergärtnerinnenseminar aufzunehmen, um sie zu Siedlerberaterinnen zu machen. Er hat selbst Sorge wegen dieses Verfahrens, und ich habe ihn auch sehr gewarnt. Man sieht aber, dass man diese Frage besprechen muss.48
Kaum haben die ersten Siedlerberaterinnen ihre Tätigkeit aufgenommen, es liegen noch fast keine Berichte hierzu vor und wenn dann wird daraus deutlich, dass die Arbeit anspruchsvoller ist, als man vielleicht angenommen hat – versuchen unterschiedliche Stellen, sich an das Vorhaben anzuheften, versuchen ihre Vorstellungen umzusetzen. Die nächsten Konflikte sind schon absehbar.
Da kommt es gelegen, dass sich Anfang Juni Irmgard Delius, die der sozialpädagogischen Fraktion in der Siedlerberatung zugerechnet werden kann, bei Herman Nohl meldet. Die beiden standen bis dahin noch nicht in persönlichem Kontakt; Irmgard Delius schreibt mit Bezug auf dessen letzten Aufsatz (Die pädagogische Osthilfe) an Nohl und berichtet zunächst von ihrer eigenen Arbeit, der Einrichtung von sogenannten Erntekindergärten im vergangenen Sommer:
Ich hatte Anfang Januar innerhalb des Jug.leiterinnenfortbildungskurses, bei welchem ich auch bei Ihnen zuhörte, in einem Referat über „Berufskunde an Seminaren’“ über diese besondere Wahl- und Pflichtaufgabe berichtet, ohne darauf ein Echo zu bekommen. Tatsächlich liegt mir daran, gerade ausserhalb unseres Berufskreises eine Beurteilung dieses Versuches der „Einrichtung und Führung von Erntekindergärten als Kollektivaufgabe eines Seminars’“ zu erfahren.49
Irmgard Delius möchte, dass Herman Nohl weiß, dass sie zum Themenkomplex “Unterstützung der Siedlerfrauen” mitreden kann und auch bereits selbst aktiv ist. Das weiß er natürlich längst durch Elisabeth Siegel, Luise Besser und Aenne Sprengel, oder wie Irmgard Delius schreibt: “Frau Dr. Sprengel und meine Schwester in Berlin haben wahrscheinlich von unserer jetzt engen Zusammenarbeit erzählt, die in diesem Jahr, dank Ihrer Arbeit für die päd. Osthilfe, sich rasch ausbreitet.” Irmgard Delius’ Sorge, mit der sie bei Nohl vermutlich offene Türen einrennt, ist, dass zukünftig unausgebildete Frauen als Kindergärtnerinnen eingestellt werden könnten, um die Siedlerkinder zu betreuen. Dies sei bereits in Mecklenburg der Fall, müsse in Pommern aber nicht sein, denn es stünden ja die Schülerinnen ihres Seminars bereit: “An der Hauptsache, den gesunden, tüchtigen pommerschen Kindergärtnerinnen, die Kinder und Heimat lieben und für sie arbeiten wollen, fehlt es uns Gott sei Dank nicht.”50
Herman Nohl antwortet Irmgard Delius konstruktiv aber zurückhaltend. Er verweist an Elisabeth Siegel und Aenne Sprengel in Stettin, bestärkt sie darin, dass die Durchführung von Erntekindergärten “so als Kollektivaufgabe eines Seminars” eine ausgezeichnete Idee sei und stellt ihr einen Beitrag in einer kommenden Publikation und Tagung zum Thema in Aussicht: “Wir werden eben doch erst eine gewisse Bewegung durch solche Tagungen und Publikationen erreichen müssen, bis die Leute für den Gedanken reif geworden sind.”, erklärt Nohl, während er sich selbst doch konstant praktisch einbringt.51 Hinsichtlich der Frage, ob nur ausgebildete Fachkräfte als Kindergärtnerinnen eingesetzt werden sollen, meint er, hier helfe nur ein Erlass “von oben her”.
Das Thema beschäftigt ihn zwar, allerdings weniger die Kindergärtnerinnen, als vielmehr die Siedlungshelferinnen, die er möglicherweise auf einer qualitativ höheren Stufe angesiedelt sieht. Und doch endet er seinen Brief an Irmgard Delius mit einer positiven Botschaft. Es gäbe Mittel des Wohlfahrtsministeriums und sie solle ihm “[i]n dem Moment, wo Sie einen festen Plan habe[n] für bestimmte Orte und das Geld fehlt” schreiben, er wolle dann “versuchen, was man erreichen kann.” Nohl scheint sich hier auf die Aussage Helene Webers zu beziehen, wonach Mittel für bestehende Kindergärten im Haushalt eingeplant würden und man andernfalls einen Antrag stellen müsse, legt diese Informationen gegenüber Irmgard Delius aber betont positiv aus, insbesondere hinsichtlich seiner eigenen Position und Möglichkeiten.
Es scheint im Sommer 1932 dann zu einer aktiven Kooperation zwischen der Landwirtschaftskammer und der sozialen Frauenschule in Stettin gekommen zu sein. Thea Iffland erwähnt die entscheidende Rolle Irmgard Delius bei der Einrichtung der Erntekindergärten im Sommer 1932 vierzig Jahre später:
Da bedeutete es eine große Hilfe für den Sommer, daß die Leiterin der sozialen Frauenschule Stettin52, Frau Irmgard Delius, einige ihrer Schülerinnen im Rahmen ihres Praktikums als Kindergärtnerinnen in die Siedlungen sandte. Wo die Räumlichkeiten es erlaubten, richteten die Siedlungshelferinnen Erntekindergärten ein, die den Frauen tagsüber die Kleinkinder abnahmen und sie so wirklich entlasteten.53
Irmgard Delius geht in mehren Publikationen, die sie im Herbst und Winter 1932/33 veröffentlicht, auf die Erfahrungen aus den Erntekindergärten ein. In einem Beitrag in den Pommerschen Wohlfahrtsblättern im Februar 1933 wird die Genese der Erntekindergärten aus der Arbeit “ihres” Seminars einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.54 In diesem ausführlichen Aufsatz betont sie die Herkunft der Schülerinnen am Sozial-pädagogischen Seminar Stettin aus der pommerschen Landbevölkerung, wodurch diese aus eigener Erfahrung ein Verständnis der Bedarfe der Landfrauen hätten.55 Insgesamt finden im Sommer 1932 10 in dieser Form organisierte Erntekindergärten in ganz Pommern statt, 7 davon in den Dörfern der Siedlungshelferinnen.56
In einem Artikel vom November 1932 mit dem Titel Landkindergärten in Siedlerdörfern sind Details zu diesen Einrichtungen aufgeführt:
Eine sehr glückliche Verbindung wurde in diesem Sommer zwischen unserem Seminar und der Landwirtschaftskammer getroffen. An das Arbeitsgebiet von sieben Siedlungshelferinnen wurde je ein Erntekindergarten angegliedert, der von einer Seminaristin geleitet wurde. Hier konnte die erfahrene Siedlungshelferin der jungen Seminaristin mit Rat und Tat beistehen. An drei anderen Stellen: einem Erntekindergarten im Gutsdorf, einem im Bauerndorf und einer ländlichen Sommerpflege in einer Jugendherberge wurden wieder andere Erfahrungen gemacht.57
Auch Aenne Sprengel präsentiert in einem Aufsatz die Erfahrungen in den Erntekindergärten im Sommer und Herbst 1932.58 Sie konstatiert in ihrem Text Erlebnisse in den Erntekindergärten in Pommern, dass sich deren Einrichtung “ganz organisch aus der Arbeit” der Siedlungshelferinnen entwickelt habe und dann in Kooperation mit dem Sozial-Pädagogischen Seminar Stettin ab Juli 1932 umgesetzt wurden.59 Man erfährt allerdings auch, dass die Kindergärten aufgrund eines Polio-Ausbruches schon nach zwei Monaten abgebrochen werden mussten – hiervon erwähnt Irmgard Delius nichts.60 Aenne Sprengel zitiert eine Reihe von Berichten der in den Kindergärten eingesetzten Praktikantinnen – eine Hilde berichtet aus Klein Podel, eine weitere Praktikantin aus dem Gutsdorf Gr. (wahrscheinlich Grünwalde) und eine dritte aus B. (möglicherweise Barvin).61
In ihrem fast gleichzeitig erschienenen Aufsatz Landkindergärten in Siedlerdörfern geht Irmgard Delius weniger auf die Umsetzung, als auf die Bedeutung dieser Einrichtung ein, diese seien eine Option, Siedler:innen an die Idee der Kinderbetreuung zu gewöhnen, da deren dauerhafter Betrieb mit Kosten und Aufwänden für die Dorfgemeinschaft verbunden seien, die aufzubringen die Siedler:innen häufig (noch) nicht bereit seien.62 Die zeitweise Einrichtung von Erntekindergärten gegenüber Dauereinrichtungen führt sie auch ein knappes halbes Jahr später weiterhin auf mangelnde Finanzierungsmöglichkeiten zurück, die Notwendigkeit eines Praktikums für Schülerinnen bspw. angehende Kindergärtnerinnen biete die notwendigen (kostenlosen, temporären) Fachkräfte.63 Von allen Beteiligten, sowohl zeitgenössisch wie in der späteren Erinnerung, wird deutlich gemacht, dass es sich bei dieser Art der Zusammenarbeit und Organisation nur um Stückwerk handelt, solange eine konkrete, längerfristige Finanzierung für Beraterinnen und Einrichtungen nicht gegeben ist.
Irmgard Delius sieht eine solche langfristige Planung als unumgänglich an, sie spricht in alarmierendem Tonfall von der Dringlichkeit in den Siedlerdörfern Hilfe zu leisten:
Entweder – und das ist entscheidend für die Lage unseres deutschen Ostens – glückt die Ansiedelung und führt in beständigem Wachstum zu echter Dorf- und Volksgemeinschaft, oder – sie scheitert und reißt unsere letzten Hoffnungen mit fort. Alle, die Land und Volk lieben, sind zur Hilfe gerufen.64
An dieser Stelle wird die Notwendigkeit eines pädagogischen Einsatzes in den Siedlungen konkret ausformuliert:
Daß aus der Siedlung “Dorfgemeinde“ wachse, kann nicht ohne Anerkennung der Erziehungsmächte, die das Leben und die Beziehungen in der menschlichen Gemeinschaft formen, geschehen.65
Denn die Siedler:innen sind – so offenbar die landläufige Meinung – selbstständig nicht in der Lage, ein Gemeinschaftswesen zu bauen und zu erhalten.
- “Am 24. April gab es in fünf Ländern Landtagswahlen. Sie erbrachten durchweg starke Stimmengewinne für die NSDAP, die mit Ausnahme von Bayern […] nun überall zur stärksten Partei wurde. Am bedeutsamsten war der Wahlausgang in Preußen, dem Land, das nach Bevölkerung und Fläche zwei Drittel des Deutschen Reiches ausmachte. Die SPD erreichte dort nur noch 21,2 Prozent der Stimmen, während die NSDAP auf 36,3 Prozent kam. Zusammen mit den 12,8 Prozent der KPD reichte das für eine negative Mehrheit, die jede neue Regierungsbildung verhinderte. Das „rote Preußen“ war unter seinem Ministerpräsidenten Otto Braun (SPD) seit 1920 ein Hort relativer Stabilität gewesen. Nun hatte die Regierung Braun […] keine Mehrheit mehr und amtierte nur noch geschäftsführend.” (https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/weimarer-republik-346/332906/zerstoerung-der-demokratie-1930-1933/) ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:3 Bäumer, Gertrud, Herman Nohl an Gertrud Bäumer, 25.04.1932. COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Herman Nohl an Käthe Delius, 25.04.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:25 Krüger, Hans, Herman Nohl an Hans Krüger, 25.04.1932. Möglicherweise handelt sich um eine der hier https://www.yumpu.com/de/document/read/20712149/in-eigener-sache-adolf-reichwein-verein (S.36) oder hier https://www.pedocs.de/volltexte/2018/5737/pdf/Jahrbuch_fuer_Historische_Bildungsforschung_Band_06.pdf (ab S.263) genannten Veröffentlichungen Der Habertshof, eine Landvolkshochschule, führte nach 1931 Arbeitslager durch (https://de.wikipedia.org/wiki/Habertshof), vgl. ausführlich Antje Vollmer – Die Neuwerkbewegung, Freiburg 2016, auch in https://ubt.opus.hbz-nrw.de/opus45-ubtr/frontdoor/deliver/index/docId/141/file/MichaelHansenDiss.pdf (S.78). Im Februar und März 1932 fand auf dem Habertshof ein Arbeitsdienstlager statt, das sich u.a. mit Straßenbau, und Drainagearbeiten befasste (https://fuldig.hs-fulda.de/viewer/fulltext/PPN1432099253242/248/). ↩︎
- https://de.wikipedia.org/wiki/Curt_Bondy ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:25, Krüger, Hans, Herman Nohl an Hans Krüger, 25.04.1932. Eine entsprechende Lehrveranstaltung Bondys konnte im Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1932 nicht gefunden werden, so dass es sich wohl eher um die Forschung Bonds handelte, hierzu in weiteren Kapiteln mehr (https://gdz.sub.uni-goettingen.de/id/PPN688156495_1931_1932_2). Zu Karl Ruth konnte nicht viel mehr in Erfahrung gebracht werden, als dass er “Fürsorger” war (Dudek S.209). ↩︎
- Benz S.317. ↩︎
- Dudek S.169. ↩︎
- Benz S.324f. ↩︎
- Dudek S.47, 169-172. ↩︎
- Dudek S.178. Dudek weist weiter darauf hin, dass in der Praxis aufgrund der finanziellen Notlage von Städten und Gemeinden faktisch ein Zwang zur Teilnahme am Arbeitsdienst bestand. (S.184) Die Arbeitsdienstpflicht wurde insb. als eine Möglichkeit (para)militärische Ausbildung zu betreiben verstanden und betraf deshalb in erster Linie den männlichen Arbeitsdienst, vgl. Lore Kleiber: “Wo ihr seid, da soll die Sonne scheinen!” – Der Frauenarbeitsdienst am Ende der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, in: Mutterkreuz und Arbeitsbuch – Zur Geschichte der Frauen in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, Frankfurt am Main 1981, S.188-214, insb. S.188-190. ↩︎
- Benz S.327. ↩︎
- Dudek S.205f. ↩︎
- Dudek S.207. ↩︎
- https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/hierl-konstantin-341. ↩︎
- Dudek S.67, Zitat Hierl von 1934. ↩︎
- Benz S.331f. ↩︎
- Dudek S.36. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 30.04.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:3 Bäumer, Gertrud, Herman Nohl an Gertrud Bäumer, 02.05.1932. COD. MS. H. NOHL 797:33, Weber, Helene, Herman Nohl an Helene Weber, 02.05.1932. Aenne Sprengels Brief vom 30. April (Samstag) erreicht Nohl vermutlich am Montag, 02.Mai, vom gleichen Tag datieren seine beiden Schreiben an Gertrud Bäumer und Helene Weber. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Herman Nohl an Aenne Sprengel, 02.05.1932. Im Nachlass Nohls sind einige Briefe von Siedlerberaterinnen archiviert, die bisher nicht ausgewertet wurden. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 07.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Herman Nohl an Aenne Sprengel, 10.05.1932. COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Herman Nohl an Thea Iffland, 10.05.1932. COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Herman Nohl an Käthe Delius, 10.05.1932. In seinem in Behle diskutierten Aufsatz (s. vorangegangenes Kapitel) hatte Hans Fuchs den Standpunkt vertreten, dass in Ostpreußen nur Initiativen erfolgreich sein könnten, die aus dem Land / der lokalen Gesellschaft und ihren Institutionen heraus entstünden. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Herman Nohl an Thea Iffland, 10.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 12.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Thea Iffland an Herman Nohl, 12.05.1932. ↩︎
- Irene von Gayl (1882-1960), Schwester Wilhelm von Gayls (Direktor der Ostpreußischen Landgesellschaft, ab 1. Juni 1932 preußischer Innenminister im Kabinett von Papen). “Irene Freiin von Gayl, die Tochter eines Generalmajors, war von 1909 bis 1910 Mai an der Frauenschule Obernkirchen, danach wurde sie an der Frauenschule Maidburg in Posen zur landwirtschaftlichen Lehrerin ausgebildet. Anschließend übernahm sie die Aufgabe, die Wirtschaftliche Frauenschule Metgethen in Ostpreußen aufzubauen, die im April 1912 eröffnet wurde. Irene Freiin von Gayl wurde deren Leiterin bis 1920. Nach 1918 konnte die Schule nur mit Mühe bestehen […]. Das Lehrerinnenseminar musste 1922 geschlossen werden. […] [Irene von Gayl und Margarete von Spies] richteten […] den Landwirtschaftlichen Lehrbetrieb Sonnenhof ein, den sie auch dem Reifensteiner Verband anschlossen. Zu ihrer Enttäuschung genehmigte der Landrat aber nicht die von ihnen geplante Ausbildung von Haushaltspflegerinnen. 1923 entschloss sich Irene von Gayl, eine Stelle als Referentin bei der Landwirtschaftskammer Ostpreußen zu übernehmen, ein Jahr später gaben die Frauen den Sonnenhof auf. Nach 1945 wurden die beide [sic!] freundschaftlich verbundenen Frauen als Vertriebene in ihrer alten Frauenschule in Obernkirchen aufgenommen.” (Wörner-Heil S.144-146), vgl. COD. MS. H. NOHL 797:15, Fuchs, Hans, Hans Fuchs an Herman Nohl, 25.07.1932, mit Kritik an der geringen Begeisterung Irene von Gayls für die Arbeit der Siedlungsberaterinnen. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Käthe Delius an Herman Nohl, 23.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Käthe Delius an Herman Nohl, 23.05.1932. ↩︎
- Osthilfemittel: “Bündel von Maßnahmen, mit dem seit 1926 die Landwirtschaft vor allem in den östlichen Provinzen Preußens unterstützt wurde. […] Bereits 1926 beschlossen die preußische Regierung und die Reichsregierung der ostpreußischen Landwirtschaft, die wegen des ‚polnischen Korridors’ in Schwierigkeiten geraten war, durch kreditpolitische Maßnahmen zu helfen. Insbesondere sollten die verglichen mit dem Reichsdurchschnitt deutlich größeren Landwirtschaftsgüter der Großagrarier in Ostpreußen, Pommern, Brandenburg, Nieder- und Oberschlesien sowie in der Grenzmark Posen-Westpreußen mit Hilfe einer ‘Allgemeinen Grenzhilfe’ Möglichkeiten zu einer leichteren Um- und Entschuldung bekommen.” (https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Osthilfe,_1926-1937) ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:33, Weber, Helene, Helene Weber an Herman Nohl, 14.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 18.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Käthe Delius an Herman Nohl, 23.05.1932. Im Kultusministerium ist vermutlich weiterhin Heinrich Becker der zuständige Ansprechpartner. ↩︎
- Delius Erinnerungen Teil II S.6, vgl. Wörner-Heil Delius S.90. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:25, Krüger, Hans, Herman Nohl an Hans Krüger, 09.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 646G, Brief vom 21.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Thea Iffland an Herman Nohl, 12.05.1932. ↩︎
- Iffland Mein Herz S.29. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Thea Iffland an Herman Nohl, 12.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Thea Iffland an Herman Nohl, 24.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Thea Iffland an Herman Nohl, 13.02.1933. ↩︎
- https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelische_Christophorus-Schwesternschaft. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Thea Iffland an Herman Nohl, 24.05.1932. ↩︎
- Lion S.9. ↩︎
- Zur Uniform des RADwJ vgl. Morgan S.234: “[…] die Form der Bekleidung [wurde] zur bewussten kollektiven Selbstdarstellung und zur Manifestation der Weltanschauung. Es erfolgte eine Uniformierung aller weiblichen Arbeitsdienstangehörigen, analog der des männlichen Arbeitsdienstes, die die Geschlossenheit des RAD als Sonderorganisation demonstrieren sollte. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 26.05.1932. “Der Deutsche Verein für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege entstand in den 1890er Jahren vor dem Hintergrund von Landflucht, Ost-West-Wanderung und Anwachsen der Industrie-Großstädte im Deutschen Kaiserreich. Treibende Kraft war der niedersächsische Schriftsteller Heinrich Sohnrey, der als Antwort auf diese Phänomene soziale Reformen für die ländlichen Unterschichten forderte und durch seine Schriften emotionale Bindung an die ländliche Heimat anstrebte. So sollten soziale Disparitäten zwischen Stadt und Land eingeebnet und traditionelle Werte konserviert werden.” (https://books.google.de/books/about/Agrarideologie_und_Sozialreform_im_Deuts.html?id=OKmh7RWrWc4C&redir_esc=y) ↩︎
- Hermann Hadlich war Direktor des Realgymnasiums in Stolp einer “Studienanstalt und Frauenschule mit Lyzeum” (https://bibliotekacyfrowa.eu/dlibra/publication/116/edition/130?language=en). Hadlich war offenbar ein Mitschüler Eduard Sprangers, seine Schwester Käthe eine enge Freundin Sprangers, vgl. https://editionen.bbf.dipf.de/exist/apps/briefedition-spranger-hadlich/about.xml?odd=docbook.odd&root=4.9, Eduard Spranger war zu der Zeit Mit-Herausgeber der Erziehung (neben Nohl, Alois Fischer, Theodor Litt und Wilhelm Flitner), vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Spranger. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:22 Iffland, Thea, Thea Iffland an Herman Nohl, 24.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:17, von Gierke, Hildegard, Herman Nohl an Hildegard von Gierke, 23.05.1932. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:12 Delius, Irmgard, Irmgard Delius an Herman Nohl, 03.06.1932. Es konnte nicht etabliert werden, auf welche Veranstaltung sich Irmgard Delius bezieht, offenbar nahm Nohl aber im Januar 1932 an einer solchen Fachtagung teil, möglicherweise in Berlin, was sich mit seinen dortigen Terminen in dem Zeitraum verbinden lässt. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:12 Delius, Irmgard, Irmgard Delius an Herman Nohl, 03.06.1932, Hervorhebung im Original. ↩︎
- COD. MS. H. NOHL 797:12 Delius, Irmgard, Herman Nohl an Irmgard Delius, 06.06.1932. ↩︎
- Das ist nicht richtig: Irmgard Delius leitet das “Sozialpädagogische Seminar” an der Stettiner Frauenschule, deren Leiterin war Anna Irmer, vgl. Reinicke S.369-374. ↩︎
- Iffland Mein Herz S.29. Diese Darstellung widerspricht der nach 1933 gültigen offiziellen Linie, die sich beispielsweise bei Lilli Marawske-Birkner spiegelt. Demnach schuf “der Arbeitsdienst im Zusammenhang mit der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt noch eine andere segensreiche Einrichtung, den Erntekindergarten. Die Initiative zu dieser Betreuung für die Kinder ging zwar von der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt aus, die auch die Mittel zur Verfügung stellte und die Aufsicht führte, doch wäre die großzügige Durchführung diese sozialen Aufgabe nicht möglich gewesen, ohne die Mithilfe des weiblichen Arbeitsdienstes.” (Lilli Marawske-Birkner: Der weibliche Arbeitsdienst – Seine Vorgeschichte und gegenwärtige Gestaltung, Leipzig 1942, S.234f.) ↩︎
- Irmgard Delius: Erntekindergärten in pommerschen Siedlungen, in: Pommersche Wohlfahrtsblätter 9 (1933) Nr.2, S.38-46. ↩︎
- Delius Erntekindergärten S.38. ↩︎
- Delius Erntekindergärten S.39. ↩︎
- Irmgard Delius: Landkindergärten in Siedlerdörfern, in: Gesunde Jugend – Zeitschrift für die geistige und körperliche Ertüchtigung der Jugend durch Erholungsfürsorge, Kinderaustausch, Landaufenthalt, Kinder- und Jugendheime, Ferienkolonien 4 (1932), Heft 21, S.361f, hier S.362. ↩︎
- Aenne Sprengel: Erlebnisse in den Erntekindergärten in Pommern, in: Unterricht und Praxis 10 (1932), S.227-233. Die Zeitschrift Unterricht und Praxis richtet sich an die Lehrerinnen der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde. ↩︎
- vgl. COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 23.07.1932. ↩︎
- Sprengel Erntekindergärten S.227. ↩︎
- “Die Gutsherrin ist Vorsitzende des landwirtschaftlichen Hausfrauenvereins”. Grünwalde im Kreis Rummelsburg (https://www.rummelsburg.de/gemeinden/gruenwalde-saaben/index.htm), wahrscheinlich handelt es sich um den gleichen Ort, in dem schon im Sommer 1931 ein erster Erntekindergarten durchgeführt wurde, vgl. COD. MS. H. NOHL 797 : 31, Siegel, Elisabeth, Elisabeth Siegel an Herman Nohl, 30.01.1932. In Barvin kamen am zweiten Tag 60 Kinder zum Kindergarten, vgl. COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 23.07.1932. ↩︎
- Delius Landkindergärten S.362. ↩︎
- Delius Erntekindergärten S.38f. ↩︎
- Delius Landkindergärten S.361. ↩︎
- Delius Landkindergärten S.362. ↩︎
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