Bisher hatte der ledige Zollgrenzangestellte Ernst, vermutlich privat, ein Zimmer bzw. eine Wohnung, aber vermutlich nur ein Zimmer, gemietet. Bei einer Heirat sollte sich dies ändern, wie er dem RuSHA am 10.11. mitteilt:
Zu meinem Heiratsgesuch, das ich am 16.X.35 an das Rasse u Siedlungs-Hauptamt eingesagt habe, möchte ich folgendes bemerken.
Da mir im hiesigen Zolldienstgebäude eine Dienstwohnung zur Verfügung steht, die mir aber durch Verzögerung meiner Heirat wieder verlustig gehen kann, bitte ich höflich. die Genehmigung zur Heirat etwas beschleunigen zu wollen.
Wie ich dem Rasse u Siedlungs-Hauptamt bei meinem Gesuch schon erwähnt habe, befindet sich meine Braut mit ende dieses Monats, im 4 Monat in Schwangerschaft, sodaß ich weitere Unannehmlichkeiten von Seiten meiner Eltern u Schwiegereltern zu vermeiden sofort heiraten muß.
Tatsächlich sind seit seiner ersten Anfrage beim RuSHA (am 22. August) bereits 3 Monate vergangen. Man kann jetzt sagen, Pech, so ein Antrag dauert eben seine Zeit. Andererseits kann es ja auch nicht im Sinne der Sache sein, wenn man den heiratswilligen, allem Anschein nach den Anforderungen entsprechenden Bewerber so lange hinhält.
Tatsächlich war das aber der Fall.
Isabel Heinemann schildert den Prozess in ihrer Studie zum RuSHA (Rasse, Siedlung, deutsches Blut – Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas, Göttingen 2003) wie folgt:
Heinrich Himmler bestand darauf, daß der SS-Mann schon vor der Verlobung die Verlobungs- und Heiratsgenehmigung einzuholen habe. Dies war jedoch schwer durchzusetzen, ersichtlich daran, daß zunächst eine Reihe von Sanktionsmöglichkeiten eingerichtet wurden. Dennoch entwickelte sich die ganze Prozedur im Laufe der Jahre de facto zu einer Heiratsgenehmigung nach bereits erfolgter Verlobung. […] Es ist aufschlussreich, daß auf Wunsch des Reichsführers SS weiterhin eine ganze Reihe von Hürden errichtet wurden. Das Heiratsalter wurde auf 25 Jahre festgesetzt, und die hauptamtlich angestellten SS-Führer, Unterführer und Mannschaftsdienstgrade hatten zudem eine Erklärung über den individuellen Vermögensstand des SS-Mannes und der Braut abzugeben. […] Ferner wurde festgelegt, daß die Braut vor der Eheschließung die Teilnahme an einem Mütterschulungskurs nachzuweisen hatte. […] Schließlich verfügte Himmler, daß der SS-Mann einen Antrag auf Übersendung der Unterlagen für ein Verlobungsgesuch beim Rasse- und Siedlungsamt anfordern und seinem SS-Vorgesetzten ein Formular zur Gegenzeichnung und vorlegen mußte, so daß dieser über die Ehepläne im Bilde war und gegebenenfalls seine Zustimmung verweigern konnte. (S.56f (FN 28))
Praktisch bedeutete dies für heiratswillige SS-Männer einen großen bürokratischen Aufwand – allein zur Aufstellung der Ahnentafeln mußte man in der Regel die Hilfe eines Genealogen in Anspruch nehmen – und beträchtliche Kosten (für die Beschaffung der Urkunden, die Hilfe von Fachleuten etc.). Auch dauerte die Bearbeitung der Gesuche meist sehr lange, so daß Beschwerden der Antragsteller beim Rasse- und Siedlungsamt keine Seltenheit waren. (S.58)
Auch das Thema „Dienstwohnung in Grenzach“ ist interessant. Hierzu habe ich Dokumente im Bundesarchiv eingesehen, die ich noch vorstellen werde.
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