Die Besuchsreise in Pommern im Winter 1932

In der verklärten Darstellung, die später über den Beginn der Siedlerinnenberatung in Pommern entstand, wird von den Beteiligten ein Besuch Herman Nohls in Pommern im März 1932 als initiales Moment beschrieben. Ich gehe dem in diesem Kapitel nach und zeige, dass die Fahrt durch Pommern durchaus als Beginn für die Umsetzung der bisher nur theoretisch betrachteten Projekte gesehen werden kann, dass diese Projekte aber durch eine größere Gruppe von Personen über mehrere Wochen hinweg vorbereitet wurden.

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Einladung nach Ostpommern

Aenne Sprengel, zu diesem Zeitpunkt Oberregierungsrätin in der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Vereinigten Wirtschaftsgebietes in Frankfurt am Main, schreibt im Oktober 1949 an Herman Nohl: 

Ich denke so oft an unsere Fahrt durch Pommern im Jahre 1931 zurück. Wenn wir diese Arbeit doch weiter hätten entwickeln können. Aber vielleicht kommt einmal wieder eine Zeit, wo das gerade in diesen Gebieten möglich sein wird.1

Diese Fahrt, auf die Aenne Sprengel hier anspielt, hat sie gemeinsam mit Herman Nohl nicht 1931, sondern im März des Jahres 1932 unternommen. Begleitet von Thea Iffland und Elisabeth Siegel fuhren sie durch das verschneite Pommern und besuchten dort eine Reihe von Siedlungen – die Reise gilt häufig als Initialzünder für die weiteren Ereignisse die Siedlerinnenberatung und den weiblichen Arbeitsdienst betreffend.2 Obwohl diese romantisierende Darstellung – wie im weiteren gezeigt wird – hinterfragt werden muss, kann man die Ereignisse durchaus als Ausgangspunkt für die weiteren Entwicklungen betrachten – denn, dass die 17 Jahre zuvor in Pommern begonnene Arbeit nicht weiter entwickelt worden wäre, wie Aenne Sprengel 1949 schreibt, kann wirklich nicht behauptet werden. 

Wie schon aus den bis hierher vorgestellten Briefen erkennbar, sollte die seit etwa Ende Januar geplante Besuchsreise dazu dienen, die zwischen den einzelnen Beteiligten bisher nur theoretisch besprochenen Bedarfe in Bezug auf die Siedlerinnenberatung vor Ort anschaulich zu machen. Es mag seltsam erscheinen, wenn hier so viel Aufmerksamkeit auf den genauen Ablauf der Ereignisse gelegt wird, wenn die Frage, wer wen wann kontaktierte und welche Positionen die Beteiligten jeweils vertraten so in den Mittelpunkt der Untersuchung gestellt werden. Tatsächlich wird genau diese Detailschärfe als ausgesprochen wichtig verstanden, weil die Ereignisse in den Erinnerungen der Beteiligten, die von den Jahren der NS-Herrschaft natürlich nicht unbeeinflusst waren, nachträglich “passend” gemacht wurden. Nicht zuletzt hing von deren Darstellung die Beurteilung des eigenen Handelns vor 1933 und nach 1945, mithin das eigene berufliche Vermächtnis ab. 

Thea Iffland beispielsweise wird die Ereignisse um die Jahreswende 1931/32 mehr als 40 Jahre später so schildern: 

Die Referentin für Landfrauenarbeit an der Landwirtschaftskammer Pommern, Frau Dr. Änne Sprengel, hatte die Notwendigkeit des Einsatzes von Siedlerfrauenberaterinnen klar erkannt. Sie wollte Frauen in die Siedlungen schicken, die mit guten Fachkenntnissen, sozialem Verständnis und menschlichem Mitgefühl raten und helfen sollten. Um einen solchen Einsatz finanzieren zu können, hatten die Landwirtschaftskammern wiederholt Gesuche um Zuteilung entsprechender Stellen an den preußischen Landwirtschaftsminister gerichtet. Mit schöner Regelmäßigkeit wurden diese aus finanziellen Gründen abgelehnt, auch mit dem Bemerken, man wolle keinen neuen Frauenberuf schaffen.3 

Diese Darstellung bspw. ist – wie das Studium der verfügbaren Quellen ergeben hat – im Detail nicht richtig, insbesondere wird die Rolle und Initiative Käthe Delius’ und Hans Krügers seitens des Landwirtschaftsministeriums komplett ausgeblendet. Und die Frage, ob ein neuer Frauenberuf geschaffen würde, ist zumindest in den ausgewerteten Briefwechseln und zeitgenössischen Dokumenten aus den Jahren 1931/32 keine Befürchtung, geschweige denn ein Grund gegen eine Finanzierungszusage. 

Thea Iffland erinnert sich weiter: 

Da kam von unerwarteter Seite Hilfe: Frau Dr. Sprengel las einen Aufsatz von Professor Hermann [sic!] Nohl aus Göttingen […]. […] Nohl sprach davon, daß sich in Deutschland langsam eine der ost-westlichen Bevölkerungsströmung entgegengesetzte Bewegung von Westen nach Osten hin bemerkbar mache. Die großzügige Siedlungstätigkeit im Osten wäre dafür ebenso typisch wie der Andrang Siedlungswilliger zum Osten. Man solle diese Menschen dort nicht allein lassen, sondern sich um Schulen, Kindergärten und die Wohlfahrtspflege auf dem Lande kümmern. Prof. Nohl sah in der Entwicklung gerade der weiblichen Kultur den Schwerpunkt der ganzen Arbeit. […] Frau Dr. Sprengel setzte sich mit Herrn Professor Nohl in Verbindung. Sie wies auf ihre Pläne, Siedlerfrauen-Beraterinnen in Ostpommern einzusetzen, hin, sprach von einer der seinen ähnlichen Zielsetzung und lud ihn nach Pommern ein.4 

Wie bereits im vorangegangen Kapitel dargestellt, ging die initiale Kontaktaufnahme von Herman Nohl (durch Vermittlung von Elisabeth Siegel) aus. Das ist deshalb wichtig, weil sich argumentieren lässt, dass ohne Nohls Kontaktaufnahme die weiteren Schritte nicht unternommen worden bzw. anders verlaufen wären. Denn obwohl Aenne Sprengel und Käthe Delius bereits eine intensive Arbeitsbeziehung hatten, scheint es so, als hätten die beiden keine oder – wenn man der Darstellung Thea Ifflands glaubt – keine erfolgreichen Vorstöße unternommen, um ihre Ideen in die Tat umzusetzen. So unangenehm das klingt, es scheint der Einmischung eines männlichen Akteurs bedurft zu haben um die Ideen der beiden Frauen zu realisieren. Diese Erkenntnis hinsichtlich der tatsächlichen Rolle Herman Nohls gilt es im Kopf zu behalten, wenn es im weiteren auch um dessen angebliche Beiträge zur Genese von Siedlerinnenberatung und weiblichem Arbeitsdienst geht.

Was erfährt man aus den Briefwechseln der Jahre 1931/1932 weiter zum später als so entscheidend betrachteten Besuch in Pommern? 

Schon im Oktober 1931, nachdem Herman Nohl seinen Aufsatz Landbewegung Osthilfe und die nationale Aufgabe der Pädagogik veröffentlicht hatte, kündigte er an, dass er im kommenden Frühjahr “mit einer Reihe von Freunden eine Ostreise” machen wolle, “wo wir uns Ostpreußen, die Grenzmark und Schlesien einmal gründlich besehen”. Es sollen zu dieser Reise “keine Studenten, sondern nur ‘Sachverständige’” mitkommen.5 Denn Herman Nohl fehlen zu diesem Zeitpunkt zu der von ihm theoretisch erörterten Frage die praktischen Kenntnisse der Verhältnisse vor Ort noch komplett. Er selbst scheint zunächst keine organisatorischen Schritte für eine solche Reise unternommen zu haben, insofern kommt ihm der Vorschlag Aenne Sprengels vom Januar 1932, ob er nicht “in nächster Zeit einmal eine Besichtigungsfahrt durch einige pommersche Siedlungen und gleichzeitig ländlich-hauswirtschaftliche Bildungsstätten” machen wolle, falls er “nicht schon einmal in unseren Siedlungen gewesen” sei, sicher mehr als gelegen.6 Allerdings kann Nohl erst im März, wenn das Semester beendet ist.7 

Etwa eine Woche nachdem Aenne Sprengel eine solche Reise vorgeschlagen hat, meldet sich Käthe Delius bei Nohl und teilt ihm mit, dass das Landwirtschaftsministerium die Besichtigungsfahrt in Pommern organisieren werde.8 Obwohl sie ansonsten eng und gut mit Käthe Delius zusammen arbeitet, ist das nun überhaupt nicht im Sinne Aenne Sprengels. Sie schreibt an Nohl, das “Ministerium [habe] den Wunsch geäussert, für die Durchführung der Besichtigungsreise auch einige Vorschläge zu machen.”.9 Erst weitere zwei Wochen später spricht sie gegenüber Elisabeth Siegel ihre Bedenken konkret aus:

Wir haben ja viel mehr davon, wenn wir die Reise nur zu wenigen Menschen machen und in die Siedlungen fahren, wo tatsächlich eine Siedlerfrauenberatung schon eingesetzt hat oder demnächst einsetzen kann, und das soll ja in den Ostgrenzbezirken der Fall sein. Ich finde, es ist auch gar nicht nötig, dass irgendwelche Leute von den Siedlungsgesellschaften mitkommen, weil wir ja in die verschiedensten Siedlungen fahren, und da müsste schliesslich ein ganzer Stab anrücken.10 

Trotz oder vielleicht wegen ihrer engen Zusammenarbeit mit Käthe Delius scheint sich Aenne Sprengel nicht in der Position zu sehen, diese Kritik selbst zu äußern. Sie müsse mit dem Ministerium weiter gut zusammen arbeiten, “weil wir von ihm die Mittel für die Anstellung der Siedlerberaterinnen bekommen.” Elisabeth Siegel soll daher Nohl fragen, ob er sich in einem anstehenden Termin mit Käthe Delius gegen die Ausweitung der geplanten Fahrt positionieren könne.11 Elisabeth Siegel leitet die Bitte umgehend weiter:

Sie wissen ja, wie sich Frau Sprengel die Reise ursprünglich dachte: eine Fahrt in die Grenzkreise mit nur einem Auto der Kammer, ohne Behörde oder Besuch von Primitivsiedlungen u. Altsiedlungen, sondern mit den Siedlern selbst u.s.w. Während sie sich dafür voller Eifer die einzelnen Stationen aussuchte, erfährt sie plötzlich durch einen Beamten des Kulturamtes, daß das Ministerium seinerseits eine Reise für Sie (oder mit Ihnen) beschlossen habe, das Kulturamt in Verbindung mit der Pom. Landgesellschaft beauftragt habe, die Reiseroute festzusetzen, daß man sehr offiziell und mit 3 Autos voller Leute (d.h. Ministeriumsmitarbeitern, wohl dem Regierungspräsidenten u. andern behördlichen Herren) fahren werde u. zwar in Siedlungen, die sich sehen lassen könnten […].12 

Es findet sich kein Hinweis darauf, dass Herman Nohl entsprechend der Bitte aus Stettin tätig wird und Käthe Delius umzustimmen versucht – oder zumindest scheint ein ggf. unternommener entsprechender Vorstoß nicht gewirkt zu haben. Die Besuchsreise wird als Veranstaltung des Landwirtschaftsministeriums durchgeführt. Wir wissen das, weil wir über einen Bericht verfügen, den Herman Nohl, wenige Tage nach seiner Rückkehr aus Pommern, Mitte März 1932, an Käthe Delius schickt.13 Verbunden mit seinem Dank für die Organisation und dem Vorschlag, sich zeitnah persönlich auszutauschen schreibt er: “Die Tage waren natürlich sehr lehrreich für mich, wo ich Land und Siedlung nur auf dem Papier kannte.”14 Es wird deutlich, die Fahrt fand in einer größeren Gruppe statt (“mit einem ganzen Gefolge”, “weil man mit den Herrn sprechen und sie für die Arbeit gewinnen konnte”).15 

Das wirklich Spannende an dieser Situation ist, dass die Fahrt nach Pommern später in den Erzählungen der Beteiligten ebenso wie den Darstellungen Dritter genau so dargestellt werden wird, wie es Aenne Sprengel initial vorgesehen hatte, als Fahrt zu viert im kleinen Auto, das im Schnee stecken bleibt. Obwohl oder gerade weil alle Beteiligten wussten, dass das nicht den Tatsachen entspricht. Über die Gründe für diese falsche oder zumindest ungenaue Darstellung kann nur spekuliert werden, es bieten sich eine Reihe von Erklärungsansätzen an: 

Indem das Ministerium und seine Vertreter:innen ebenso wie weitere Akteur:innen aus dem Siedlungsumfeld als Beteiligte verschwiegen werden, erscheint das Vorhaben als eine Art grassroots Bewegung, die sich gegen die Widerstände insb. der Bürokratie durchsetzen musste. Der Anteil, den die Beteiligten selbst an den weiteren Entwicklungen haben, wird dadurch größer, sie werden zu denjenigen, die eine gute und richtige Idee hatten, die sie nicht fortsetzen konnten, die ihnen aus der Hand genommen wurde. Vor allem Aenne Sprengel und Herman Nohl können damit nach 1945 auf Initiativen verweisen, die vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten liegen und die in der Gegenwart der 1950er Jahre anschlussfähig sind.

Die Reise durch den Schnee

Die bisher geschilderten Vorgänge und der Austausch zwischen Herman Nohl und den anderen Beteiligten haben keinen Eingang in die Literatur zur Entstehung der Siedlerinnenberatung und des weiblichen Arbeitsdienstes gefunden. Die Reise nach Pommern  (09.-11.3.1932), deren Planung Mitte Februar soweit abgeschlossen ist, steht dagegen aus mehrfacher Perspektive zur Auswertung zur Verfügung.16 Die Schilderung bei Elisabeth Siegel etwa lautet so:

Im März 1932 organisierte Frau Sprengel mit einer Mitarbeiterin, Nohl und mir eine mehrtägige Erkundungsfahrt durchs tief verschneite Hinterpommern, um “ganz konkret” “im Interviewverfahren” – so würde man es heute benennen – mit Siedlern (Woher? Warum? Wo drückt es?), mit Landräten, landwirtschaftlichen Beraterinnen, auch Gutsbesitzern Gespräche zu führen und uns für die wahren Bedürfnisse dort die Augen zu öffnen.17 

Tatsächlich erhält die Fahrt, noch bevor sie beginnt, den Charakter eines Startschusses für weitere Aktivitäten, die im Anschluss daran beginnen sollen: Vor allen Dingen sollen Landkindergärten eingerichtet und eine wirtschaftliche Beratung der Siedlerfrauen etabliert werden.18 Thea Iffland erinnert sich so an die nächsten Schritte:

Professor Nohl kam im Winter 1931/32 nach Ostpommern, und nach einer gemeinsamen Fahrt durch ostpommersche Siedlungen, an der auch die Berichterstatterin teilnahm, – und während der man, wie konnte es in diesem Lande anders sein, dreimal im Schnee steckenblieb-,19 versprach er, Frau Dr. Sprengels Plan beim Herrn Minister in Berlin zu unterstützen. Er hielt Wort und verabredete im Rahmen der ‘Grünen Woche’ in Berlin zwei Vorträge.20 Die Berichterstatterin hatte in einem Vortrag bei der Jahresversammlung des “Deutschen Vereins für Wohlfahrts- und Heimatpflege” und in einem Referat vor dem Minister und den Angehörigen des preußischen Landwirtschaftsministeriums die Gedanken darzulegen, die den Einsatz von Siedlungsberaterinnen in den Neusiedlungen des Ostens dringlich notwendig machten.21

Möglicherweise lässt Thea Iffland ihr Gedächtnis an der Stelle im Stich, es scheint wiederum ein unwesentliches Detail, doch der Vortrag, auf den sie hier hinweist, fand bereits am 5. Februar, mithin lange vor der gemeinsamen Reise statt, er erschien dann allerdings im März 1932 in der Zeitschrift Das Land.22 Es lohnt sich, diesen Text genauer zu betrachten. Thea Iffland spricht darin zunächst von den Zielen, die mit der Siedlungsbewegung verbunden sind, nämlich “die Schaffung eines gesunden bodenständigen Bauerntums, das sowohl politisch wie wirtschaftlich deutsches Land deutsch erhält”, bevor sie die aus den Befragungen des vorangegangenen Sommers zusammen gestellten Zahlen zum Leben der Siedlerfrauen präsentiert.23 

Diese Daten finden sich so oder so ähnlich in den meisten Publikationen, die Thea Iffland und Aenne Sprengel in diesem Zeitraum veröffentlichen und sie werden von anderen Autor:innen übernommen. Beispielhaft deshalb ein längeres Zitat aus dem Vortrag vom Februar 1932:

Die Bäuerin hat die längste Arbeitszeit von allen Arbeitskräften. Sie arbeitet ungefähr 4000 durchschnittlich, d.h. zirka 11 Stunden täglich. Dabei sind auch die Sonn- und Feiertage und die arbeitsarme Winterzeit eingerechnet, so daß während der Arbeitsspitzen im Frühjahr, Sommer und Herbst die ungeheuerliche Arbeitszeit von 15-19 Stunden täglich herauskommt. Die Arbeit der Bäuerin teilt sich auf in 50% Hausarbeit, 25% Stallarbeit, 2% Hofarbeit und 22% Feldarbeit, 1% Gartenarbeit. Wenn man bedenkt, daß jedenfalls für die Frau, die Feldarbeit im Winter fast vollkommen ruht, so geht aus diesen Zahlen die große Belastung der Frau mit Feldarbeit in den Sommermonaten hervor. Diese Zahlen stammen aus einwandfrei geführten Tagebüchern und Wirtschaftsbeobachtungen, aber aus alten Bauernwirtschaften, also nicht aus Siedlungen. Wie sieht nun dagegen die Arbeit der Siedlerfrau aus? […] Sie steht vor vollkommen Neuem. Es ist ihr nicht möglich auf die jahrzehntelangen Erfahrungen aufzubauen, die sie oder ihre Mutter oder Großmutter schon machten, denn die Verhältnisse sind für sie ja in den meisten Beziehungen neu.24 

Inhaltlich unterscheiden sich die von Thea Iffland im Rahmen der Grünen Woche vorgetragenen Argumente in Nuancen von anderen Publikationen, die etwa zur gleichen Zeit erschienen, insbesondere wird die Siedlerfrau hier in erster Linie nicht als Arbeits-, sondern als Hauswirtschaftskraft vorgestellt:

Da gilt es nun so zu organisieren, wie diese neuen Verhältnisse, wie speziell dieser Betrieb es verlangt. […] Die richtige Lösung all dieser Fragen setzt eine weitgehende geistige Arbeit voraus, verlangt Uebersicht und Sachkunde, Kalkulationsfähigkeit und kluges Durchdenken der vielen verschiedenen Fragen, die dabei auftauchen. Und von dieser richtige Lösung kann und wird in den meisten Fällen das Wohl und Wehe der Wirtschaft abhängen. […] Es gilt nicht nur von der Tüchtigkeit der Frau in körperlicher Beziehung, sondern auch von ihrer Leistung als Organisatorin und mitverantwortliche Leiterin des Betriebes.25  

Derartige Überlegungen waren 1932 nicht üblich. Die in Pommern erhobenen Zahlen werden sicher auch deshalb so extensiv zitiert, weil sie eine einmalige Statistik darstellen, die in der Form andernorts nicht existiert. Dass Aenne Sprengel in Pommern die Möglichkeit hatte und die Initiative, ein solches Forschungsvorhaben umzusetzen, das die Frau als Arbeitskraft in den Mittelpunkt stellt und aus den gemachten Erkenntnissen Schlüsse zieht, die in praktischen Hilfsangeboten münden, ist neu und man muss ihr das in dem Sinne hoch anrechnen. 

Was Thea Iffland im Rahmen der Grünen Woche weiter vorträgt, sind in gewisser Hinsicht die Argumente derjenigen, die, wie Käthe Delius, den Bereich der Hauswirtschaft als eigenständigen Wirtschaftszweig betrachten, für den es einer dezidierten Ausbildung bedarf. Die Frau – als Siedlerin, als Bäuerin, als landwirtschaftliche Managerin – wird bei Thea Iffland nicht auf den Bereich der Geflügelzucht und des Gartenbaus beschränkt, sondern steht als diejenige, die den gesamten ländlichen Haushalt verantwortet im Mittelpunkt. Thea Iffland geht ausführlich auf unterschiedliche Aspekte der Siedlerwirtschaft ein, um anhand dieser Beispiele zu zeigen, wie sehr die Effizienz der einzelnen Höfe davon abhängt, dass die Siedlerfrau weiß, was sie tut, oder, wörtlich zitiert:

Wenn ich auf die rein wirtschaftlichen Belange so weit eingegangen bin, so liegt das in allererster Linie daran, daß ich der Ueberzeugung bin, daß eine wenigstens annähernd gesunde wirtschaftliche Grundlage die unerläßliche Vorbedingung zur Erfüllung aller der anderen Ziele ist, die wir mit der Siedlung erreichen wollen, und daß zur Erfüllung dieser wirtschaftlichen Pflichten ganz ungeheuer hohe Ansprüche sowohl an den Körper als auch an den Geist der Siedlerfrau gestellt werden. Und neben diesen wirtschaftlichen Aufgaben soll die Siedlerfrau auch Mutter sein, soll Kinder gebären und diese großziehen.26

An diesem Text wird deutlich, dass die Vertreterinnen der pommerschen Landwirtschaftskammer – Aenne Sprengel und Thea Iffland – in ihrem Bemühen, man kann fast schon von einer Mission sprechen, die Existenz der Frauen in den Siedlungen zu verbessern, ihr Ansinnen in Argumente verpacken, die dem Zeitgeist entsprechen und damit auf Zustimmung treffen. Während Thea Iffland einerseits argumentiert, dass die Frau in der Landwirtschaft de facto eine Ausbildung benötigt, greift sie andererseits, um Hilfe für die überlasteten Frauen zu bekommen auf Argumente zurück, mit denen sie die Zuhörer da abholt, wo sie stehen: Hilfe für die Siedlerfrau nicht als Entlastung bei der als “natürlich” angesehenen Arbeit in Haus und Hof, sondern als einen Beitrag zum Wohl und Weh Deutschlands.27 

Verfolgt man dieses Argument weiter, ist es ein Leichtes, an die Forderungen Herman Nohls nach einer kulturellen Aufwertung, d.h. die Schaffung einer auf vorgeblich “deutschen” Werten basierenden Kultur in den Siedlungen via sozial- und nationalpädagogischer Betreuung (von der im zitierten Vortrag Thea Ifflands keine Rede ist) anzuknüpfen. 

Erste praktische Überlegungen zu Siedlungshelferinnen

Welche Gespräche während der Tage im Schnee geführt wurden und welche konkrete Vorhaben geplant wurden, ist nicht mehr nachvollziehbar. Fest steht jedoch, dass Herman Nohl, obwohl er weiterhin darauf besteht, dass die Arbeit der zukünftigen Siedlungshelferin (der von Nohl bevorzugte Begriff, der sich nicht durchsetzen wird) hauptsächlich soziale Aspekte und weniger wirtschaftliche Hilfe umfassen sollte, nach seinem Besuch in den Siedlungen gegenüber Käthe Delius erklärt, dass er jetzt gut verstehe, “warum Sie mir seinerzeit das Uebersehen dieser Arbeit vorwarfen.”28 Er bittet sie, zwecks Unterbringung der zukünftigen Beraterinnen mit den weiteren beteiligten Ministerien zu verhandeln: 

Wegen der Mitbenutzung der Schulhäuser durch die Siedlungshelferinnen müsste mit den Unterrichtsministerium verhandelt werden. Herr Ministerialrat Becker vom Unterrichtsministerium ist von Herrn Minister Grimme beauftragt worden, für unsere Ostpläne zur Verfügung zu stehen, und vielleicht setzen Sie sich deswegen mit ihm in Beziehung.29

Hans Krüger verfasst währenddessen einen Erlass, auf den sich die weitere Arbeit Aenne Sprengels und Thea Ifflands in Pommern stützen wird. Er gibt am 19. März 1932 grünes Licht für “einen kleinen Versuch in den Grenzkreisen des Bezirks Köslin”, wo man nun “die Vorarbeiten in Angriff […] nehmen und [ihm] für die Arbeit der Siedlerberaterin geeignete Lehrerinnen der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde oder auch wirtschaftlich geschulte Kräfte aus sozial pädagogischen Berufen in Vorschlag […] bringen [solle].”30 Aenne Sprengel erhält den Erlass nur zwei Tage später, am 21.3., bei einem Termin im Ministerium persönlich überreicht und beginnt sofort mit dessen Umsetzung: Bereits Ende März / Anfang April soll ein Lehrgang für die potenziellen Siedlerberaterinnen in der Landfrauenschule in Rügenwalde durchgeführt werden.31 

Durch die Auswertung unterschiedlicher parallel stattfindender Briefwechsel Herman Nohls aus diesem Zeitraum wird deutlich, dass konkrete Schritte, um geeignete Kandidatinnen für die avisierten Beraterinnenpositionen zu finden, bereits seit Mitte Februar 1932, mithin vor der Reise in Pommern unternommen wurden. Nicht nur hatte Herman Nohl – wie im vorangegangenen Kapitel zitiert – bereits Mitte Februar an seinen Freundeskreis berichtet, dass ein “‘Versuch’ mit 20 bis 30 Siedlungsberaterinnen in Pommern […] und zwar im Regierungsbezirk Köslin” geplant werde, er sucht auch zu diesem Zeitpunkt bereits nach potenziellen Kandidatinnen für die zu besetzenden Stellen.32 Dazu wendet er sich u.a. an Maria Keller, Leiterin der Wohlfahrtsschule und Allgemeinen Frauenschule in Thale am Harz.33 An sie schreibt er schon Mitte Februar 1932:

Welche Menschen davon in Frage kommen, haben wir ja neulich besprochen, es müssen wirklich ausgezeichnete Kräfte sein, die bestimmt nicht versagen, weil an ihnen der Fortgang der ganzen Sache hängt, keine Psychopathen etc., möglichst gesunde Mädchen, die insbesondere auch in hauswirtschaftlichen Dingen gründlich beschlagen sind, denn sie müssen dort zunächst jedenfalls vor allem wirtschaftlich helfen.34 

Trotzdem Einigkeit zu herrschen scheint, wie es weiter gehen soll, vielleicht sogar ein bisschen Euphorie darüber, dass es tatsächlich weiter geht, wird im Vergleich zur von Käthe Delius im Protokoll der Besprechung vom 14. Januar vorgelegten Beschreibung der zukünftigen Beraterinnen deutlich, dass sich Nohl und Käthe Delius ein genau gegensätzliches Bild von deren Profil machen: Sie möchte hauswirtschaftliche Fachkräfte, die nebenher soziale Aufgaben übernehmen in die Siedlungen schicken, er pädagogische Fachkräfte mit hauswirtschaftlichen Kenntnissen. 

Leider kann Maria Keller nicht wirklich weiter helfen und unter den eigenen Schülerinnen sieht Nohl nur eine potenzielle Kandidatin, Eva-Maria Ziedrich, die vor ihrem Studium der Pädagogik eine Ausbildung zur Hauswirtschaftslehrerin absolviert hat.35 Geeignete Bewerberinnen müssen also anderswo gefunden werden. Nohl teilt Gertrud Bäumer mit, er würde “diese Dinge ungemein gern einmal mit [ihr] durchsprechen und [ihre] Ansicht zu den vorhandenen Möglichkeiten und den einzuschlagenden Wegen hören  […]. Ich hätte Ihnen auch gern von dem berichtet, was bisher geplant und zum Teil auch schon im Werke ist.”36 Und Luise Besser gegenüber deutet er an, dass sie zukünftig eine wichtige Rolle spielen könnte: “An Grimme habe ich geschrieben, ob er jetzt nicht ein Ostreferat für Kindergärten etc. abzweigen wolle und Sie damit betrauen.”37

Eine weitere prominente Persönlichkeit wird zu diesem Zeitpunkt ebenfalls mit in die anlaufenden Aktivitäten eingebunden: Hildegard von Gierke, einerseits am Pestalozzi-Fröbelhaus in Berlin tätig, andererseits Vorsitzende des Berliner Vereins für Volkserziehung – und maßgebliche Figur im Deutschen Fröbelverband.38 Sie meldet sich Mitte März bei Herman Nohl, um mit ihm weitere Schritte abzustimmen, über dessen Reise nach Ostpommern ist sie informiert – durch Käthe Delius persönlich.39 In einem Brief, den Hildegard von Gierke am 14. März 1932 an Herman Nohl schreibt, wird, soweit erkennbar, eine der ersten Verbindungen zwischen Siedlerinnenberatung und freiwilligem Arbeitsdienst gemacht:

Heute möchte ich Ihnen berichten, wie wir die von Ihnen vorgeschlagene Arbeit in Angriff nehmen wollen. […] 1. Wir richten in Mellen40 einen Kursus ein für sozialpädagogische Kräfte, in dem in 20 Wochen, die durch das Landesarbeitsamt finanziert werden, sozialpädagogische und fürsorgerische Kräfte eine Schulung in Gartenarbeit und ländlicher Haushaltsarbeit erhalten. Wir hoffen, daß wir durch die Berufsorganisationen genügend Teilnehmerinnen finden.41

Handschriftlich seitlich ergänzt steht hier “als freiwill. Arbeitsdienst”.

Hildegard von Gierkes weitere Vorschläge betreffen ähnliche Fortbildungsmaßnahmen für “hauswirtschaftlich gebildete Kräfte” im sozialpädagogischen Bereich, sowie eine strukturierte Berufsausbildung, die im kommenden Winter beginnen und “pädagogisch, sozial, pflegerisch, wirtschaftlich” schulen soll, ggf. als Aufbau-Ausbildung. Dem Brief liegt ein kurzes Exposé zum geplanten ersten Fortbildungskurs in sozialpädagogischen Fragen bei. 

Die Situation Mitte März 1932, als Herman Nohl gerade aus Pommern zurück kehrt, stellt sich jetzt also so dar: 

Basierend auf den in Pommern seit längerem getätigten Vorarbeiten und insbesondere auf den seit dem vergangenen Sommer praktisch erprobten Maßnahmen in einzelnen Siedlerdörfern (Beratung durch Hauswirtschaftslehrerinnen, Einrichtung von Erntekindergärten), angestoßen von der Diskussion zur Gegenwart und Zukunft der sog. Ostsiedlung und insbesondere der Frau in der Siedlung, legt das Preußische Landwirtschaftsministerium im Zeitraum zwischen Januar und März 1932 die Grundlagen für den praktischen Versuch einer größer angelegten, systematisch organisierten Siedlerinnenberatung im anstehenden Sommerhalbjahr. In diesen Versuch werden von Anfang an hochrangige Stakeholder:innen aus den Bereichen der Sozialen Arbeit, der weiblichen Bildung und generell der Frauenbewegung einbezogen, wodurch das in der Realität sehr kleine Projekt (sowohl was den Umfang, als auch die finanzielle Ausstattung betrifft) nicht nur mit Erwartungen überfrachtet wird, die es zu erfüllen gilt, sondern wodurch den Aktivitäten der pommerschen Landwirtschaftskammer als ausführendem Organ eine große Sichtbarkeit sicher ist. 

  1.  COD. MS. H. NOHL 521, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 21.10.1949. Die Bemerkung “gerade in diesen Gebieten” mit Bezug auf das 1949 unter polnischer Verwaltung stehende ehemalige Pommern hätte eine eigene Interpretation verdient, führt hier aber vom Weg ab. ↩︎
  2.  So bspw. bei Morgan S.50 (ohne Datumsangabe) und bei Klafki & Brockmann S.31 (falsch datiert auf Oktober 1932) und S.162 (richtig datiert auf März 1932), auch Harvey S.59. ↩︎
  3.  Iffland Ostpommern S.27. Interessanterweise erinnert sich Käthe Delius genau gegenteilig: “Ich habe jedenfalls nie Geldmangel gehabt, daran brauchten meine Pläne nicht zu scheitern.” (Teil II S.16) ↩︎
  4.  Iffland Ostpommern S.27f. ↩︎
  5.  COD. MS. H. NOHL 646G, Brief vom 15.10.1931. ↩︎
  6.  COD. MS. H. NOHL 797:32 Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 25.01.1932. ↩︎
  7.  COD. MS. H. NOHL 797:32 Sprengel, Aenne, Herman Nohl an Aenne Sprengel, 26.01.1932. ↩︎
  8.  COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Käthe Delius an Herman Nohl, 08.02.1932. ↩︎
  9.  COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 11.02.1932. ↩︎
  10.  COD. MS. H. NOHL 797:31, Siegel, Elisabeth, Aenne Sprengel an Elisabeth Siegel, 26.02.1932. ↩︎
  11.  Der Termin findet statt am 29.02.1932, vgl. COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Herman Nohl an Käthe Delius, 11.02.1932. ↩︎
  12.  COD. MS. H. NOHL 797:31, Siegel, Elisabeth, Elisabeth Siegel an Herman Nohl, 26.02.1932. ↩︎
  13.  COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Herman Nohl an Käthe Delius, 18.03.1932. ↩︎
  14.  Ähnlich wie gegenüber Käthe Delius äussert sich Nohl mit Blick auf die eben zurückliegende Fahrt nach Pommern auch in einem “Brief an die Freunde” vom 24. März 1932: “Die Reise in solche Provinzen, die man sonst nie besucht, hat einen besonderen Reiz, und man sollte nicht nur in die Berge gehen und in den Süden, denn auch hier ist ‘Liebe und Leben’ und doch auch etwas Elementares. […] Was Siedlung eigentlich heißt, ist mir ziemlich klar geworden, wenn auch der Besuch mit so offiziellem Gefolge nicht gerade seelenöffnend wirken konnte.” (COD. MS. H. NOHL 646G, Brief vom 24.03.1932), vgl. hinsichtlich der Bewertung des deutschen Ostens als Reiseziel die Bemerkung “wenn man den Leuten erzählt, daß man nach Masuren fährt, beneiden sie einen, wie wenn man früher sagte, man fahre nach Italien” in Herman Nohl: Die Erziehungs- und Bildungsarbeit auf dem Lande und insbesondere im Osten, in: ders.: Landbewegung, Osthilfe und die Aufgabe der Pädagogik, Leipzig 1933, S.83-93, hier S.83. ↩︎
  15.  COD. MS. H. NOHL 797:25, Krüger, Hans, Herman Nohl an Hans Krüger, 18.03.1932. ↩︎
  16.  Das Datum findet sich in COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Herman Nohl an Aenne Sprengel, 15.02.1932 und Aenne Sprengel an Herman Nohl, 17.02.1932. Ob ein von Herman Nohl im Brief vom 15. Februar erwähnter Vortrag am 7. März in Stolp, der den Termin für die Fahrt bedingte, tatsächlich stattfand und in welchem Kontext dieser stand, konnte nicht geklärt werden, ist allerdings fraglich, da die anderen in diesem Zeitraum gehaltenen Vorträge Nohls erhalten geblieben sind, weil er sie nicht nur mündlich präsentierte, sondern auch publizierte, vgl. zum geplanten Vortrag in Stolp auch COD. MS. H. NOHL 797:31, Siegel, Elisabeth, Herman Nohl an Elisabeth Siegel, 15.02.1932: “Am 7. März halte ich einen Vortrag in Stolp über ‘die zwei Welten deutscher Geistigkeit’ […].” Diesen Titel trägt dann ein Vortrag aus dem Mai 1932, auf den weiter unten eingegangen wird. Ebenso wenig konnte heraus gefunden werden, ob eine von Aenne Sprengel und Herman Nohl angesprochene Tagung in Frankfurt/Oder Mitte März stattfand. ↩︎
  17.  Elisabeth Siegel: Dafür und dagegen – Ein Leben für die Sozialpädagogik, Stuttgart 1981, S.99. ↩︎
  18.  COD. MS. H. NOHL 797:31, Siegel, Elisabeth, Elisabeth Siegel an Herman Nohl, 12.02.1932. Elisabeth Siegel schreibt an Herman Nohl: “Und das Stettiner Frl. Delius könnte ob solcher Ausblicke ganz glücklich sein, wenn sie nicht grade so stark beansprucht wäre von dem Kampf zum Weiterbestand des noch so jungen Seminars u. des winzigen Päd.Lagerseminars, das es hier überhaupt gibt. Die Stadt will beide schließen.” ↩︎
  19.  Nohl schreibt an seinen Freundeskreis: “Der Schneesturm am ersten Tag unserer Autofahrt, an der Elisabeth Siegel teilnahm, war großartig, wir blieben auch richtig zweimal stecken, so daß uns Pferde herausziehen mußten, und erlebten am Abend einen Moment, der an den ‘Sturm über Asien’ erinnerte.” (COD. MS. H. NOHL 646G, Brief vom 24.03.1932) ↩︎
  20.  Die 7. Grüne Woche 1932 fand bereits vom 30. Januar bis 7. Februar in den Ausstellungshallen am Kaiserdamm statt, vgl. 7-Grüne-Woche-Berlin-1932-Ausstellung-für-den-Bedarf-der-Landwirtschaft-und-verwandter-Betriebe.jpg. ↩︎
  21.  Iffland Ostpommern S.28. ↩︎
  22.  Thea Iffland: Die Frau in Neusiedlungen, in: Das Land 1932 (März-Heft), S.77-87. Es handelt sich um ein Referat im Rahmen der öffentlichen Jahresversammlung des Deutschen Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege, deren Tagungsmotto Zurück zur Scholle lautete. Gehalten wurde der Vortrag am 05.02.1932, zur Einleitung sprach der Vorsitzende des Vereins, Friedrich von Lindquist (https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_von_Lindequist). ↩︎
  23.  Iffland Neusiedlungen S.78. ↩︎
  24.  Iffland Neusiedlungen S.78f. ↩︎
  25.  Iffland Neusiedlungen S.79. ↩︎
  26.  Iffland Neusiedlungen S.82. ↩︎
  27.  Wie schwierig das Schaffen von Aufmerksamkeit für ihr Anliegen trotzdem war, zeigt sich in der einleitenden Bemerkung zur anschließenden Diskussion. Die Diskussionsleiterin, eine Frau Dr. von Herwarth, Vorsitzende des Reichsausschusses ländlicher Frauenvereine, merkt kritisch an, dass “so viele Herren […] schon vor Beginn dieses Vortrages fortgegangen seien”. (Iffland Neusiedlungen S.87.) ↩︎
  28.  Im Brief an Hans Krüger vom 18.03.1932 findet sich eine der wenigen begründeten Stellungnahmen Nohls für den von ihm bevorzugten Terminus Siedlungshelferin: “die Frau hilft im einzelnen Dorf”. COD. MS. H. NOHL 797:25, Krüger, Hans, Herman Nohl an Hans Krüger, 18.03.1932. ↩︎
  29.  COD. MS. H. NOHL 797:13 Delius, Käthe, Herman Nohl an Käthe Delius, 18.03.1932. Es handelt sich wohl um Heinrich Becker, Ministerialrat für Bibliotheks- und Volksschulwesen (https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Becker_(Bibliothekar)), der im nächsten Kapitel prominent in Erscheinung treten wird. ↩︎
  30.  COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Erlass vom 19.03.1932. Käthe Delius wird sich später selbst nicht ganz zutreffend so erinnern: “Kurz vor der Hitlerregierung ging vom Landwirtschaftsministerium ein Erlass heraus, der die Einstellung von Spezialberaterinnen an den Landwirtschaftskammern vorsah. Er ist nicht mehr zur Auswirkung gekommen.” (Delius Teil II S.36) ↩︎
  31.  COD. MS. H. NOHL 797:32, Sprengel, Aenne, Aenne Sprengel an Herman Nohl, 21.03.1932. In diesem Brief kommt ein Thema auf, das einige der Beteiligten in den kommenden Wochen beschäftigen wird: “Die einzige Frage, die noch nicht geklärt ist, ist die Beweglichkeit von Fräulein Dr. Iffland. Wir haben mit Fräulein Delius lange darüber gesprochen, weil es doch unbedingt notwendig ist, dass Fräulein Dr. Iffland ein kleines Auto bekommt.” “Ein Auto für Thea Iffland” wird in den kommenden Wochen immer wieder aufgegriffen, Herman Nohls Engagement für die Siedlungsberaterinnen in Ostpommern geht bis in solche Details, vgl. COD. MS. H. NOHL 797 : 25, Krüger, Hans, Herman Nohl an Hans Krüger, 18.03.1932, COD. MS. H. NOHL 797 : 13 Delius, Käthe, Herman Nohl an Käthe Delius, 18.03.1932. ↩︎
  32.  COD. MS. H. NOHL 646G, Brief vom 10.02.1932. ↩︎
  33.  Maria Keller, geb. 05.06.1883 in München, 1900-1903 Lehrerinnenseminar Bonn, 1903-1906 Studium in Bonn, Göttingen und Berlin (Deutsch und Geschichte), 1912 Jugendheim Charlottenburg, 1914 Leiterin des Sozialpädagogisichen Seminars im Jugendheim, 1921 Gründung der Wohlfahrtsschule in Thale, gest. 23.06.1932 (Autounfall) (Reinicke S.385). Zur Frauenschule in Thale vgl. Reinicke S.382-386. ↩︎
  34.  COD. MS. H. NOHL 797:23 Keller, Maria, Herman Nohl an Maria Keller, 15.02.1932. ↩︎
  35.  COD. MS. H. NOHL 797:23 Keller, Maria, Maria Keller an Herman Nohl, 20.02.1932.  und COD. MS. H. NOHL 797:31, Siegel, Elisabeth, Herman Nohl an Elisabeth Siegel, 15.02.1932. ↩︎
  36.  COD. MS. H. NOHL 797:3 Bäumer, Gertrud, Herman Nohl an Gertrud Bäumer, 15.02.1932. Nohl verweist in diesem Brief auf ein Gespräch, das er am 13.02. mit Gertrud Bäumer in Anwesenheit von “Freunden Ihrer Partei” mit ihr geführt hat, offenbar traf er in Berlin auf einer Veranstaltung mit ihr zusammen. ↩︎
  37.  COD. MS. H. NOHL 797:7 Besser, Luise, Herman Nohl an Luise Besser, 15.02.1932. ↩︎
  38.  Hildegard von Gierke (1880-1966) war, wie ihre ältere Schwester Anna (1874-1943) eine prominente Figur innerhalb der sozialpädagogischen Bewegung. Sie etablierte Anfang des 20. Jahrhunderts die staatlich anerkannte Kindergärtnerinnenausbildung am Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin und leitete Anfang der 1920er Jahre gemeinsam mit Marie Baum das Sozialpädagogische Institut in Hamburg, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Hildegard_von_Gierke und https://www.nifbe.de/component/themensammlung?view=item&id=883:hildegard-von-gierke-1880-1966&catid=33↩︎
  39.  COD. MS. H. NOHL 797:17, von Gierke, Hildegard, Hildegard von Gierke an Herman Nohl, 14.03.1932. ↩︎
  40.  In Mellen (https://de.wikipedia.org/wiki/Mellensee_(Am_Mellensee)) lag ein Landheim des Pestalozzi-Fröbel-Verbandes (PFH), das der Verband 1925 eröffnet hatte. “Hier sollten sich geschwächte Großstadtkinder (insbesondere aus Berlin) erholen und ein Naturverständnis entwickeln. Außerdem wurden 12 Waisenkinder aufgenommen, „Jungs zwischen 4 und 13 Jahren“ (Lehmann 1933, S. 2). In einer Baracke auf dem großzügigen Areal wurde ein Kindergarten für die Dorfkinder von Mellen errichtet. […] Auch wurden im „Landheim Mellensee“ junge Frauen zur Erholung aufgenommen. Dies konnten eine einjährige Hauswirtschaftsschulung absolvieren und erste Erfahrungen mit den Heim- und Kindergartenkinder sammeln. Zudem wurden Fortbildungslehrgänge (jeweils von April bis Oktober und von Oktober bis April) für die ländliche Volksbildungsarbeit, die sich an berufserfahrene Kindergärtnerinnen, Jugendleiterinnen, Wohlfahrtspflegerinnen etc. richteten, angeboten (https://www.nifbe.de/fachbeitraege/beitraege-von-a-z?view=item&id=823:das-pestalozzi-froebel-haus&catid=37) Das Landheim wurde 2021 zum Abriss bestimmt. ↩︎
  41.  COD. MS. H. NOHL 797:17, von Gierke, Hildegard, Hildegard von Gierke an Herman Nohl, 14.03.1932. ↩︎

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