Die zur Heirat benötigten Papiere

Die mir vorliegende Akte aus dem Bundesarchiv, die den Briefwechsel zum Verlobungs- und Heiratsgesuch Ernst Maiers enthält, wurde mir leider nicht in der richtigen Reihenfolge der Dokumente übermittelt. Es ist also zusätzliche Detektivarbeit notwendig, um die Ereignisse in chronologisch Ordnung zu bringen.

Alles beginnt mit dem Schreiben, das ich im letzten Beitrag bereits zitiert habe: Ernst Maier, SS-Unterscharführer bitte per handschriftlichem Brief um die Zusendung der zur Heirat benötigten Papiere. Er richtet diese Bitte an das Rasse- und Siedlingshauptamt in Berlin, kein konkreter Ansprechpartner. 

Welche Angaben macht Ernst Maier?

Da ist zunächst seine SS-Identität:

Maier Ernst, SS U-Scharführer, Ref. Sturm 2/62, SS Mitglied 58640, Mitglied No. 359390

Die Einordnung der NSDAP-Mitgliedsnummer und die daraus ableitbaren Informationen habe ich bereits ausführlich beschrieben. Auch die SS-Nummer sowie die Angabe zur Einheit, die Ernst Maier macht, sind ausgesprochen aufschlussreich.

An dieser Stelle ein Hinweis: Im Zuge meiner Recherche sind mir schon einige Websites zweifelhafter Gesinnung unter gekommen, die jedoch sehr aufschlussreiche Informationen liefern. Ich werde diese, wenn sie mir seltsam vorkommen, daher nicht direkt als Link zitieren, sondern nur auf sie verweisen.

Der erste solche Hinweis kommt aus dem „Forum der Wehrmacht“, in dem ein Nutzer zur 62. SS-Standarte folgende Angaben macht:

  1. 62. SS-Standarte, Aufstellungsdatum: 09.11.1933, Sitz: Karlsruhe/Baden
  2. Im Sommer 1935 hatte die 62. SS-Standarte demnach eine Stärke von 1940 Mann

Aus Wikipedia: Der Standarte stand in der Regel ein SS-Standartenführer vor, sie umfasste 3–4 Sturmbanne und hatte eine Normalpersonalstärke von 1000 bis 3000 Mann. Der Standarte entsprach beim Heer das Regiment. Die Sturmbanne I–III wurde aus dem aktiven Mitgliederbestand gebildet, der Sturmbann IV galt als Reserveverband.

https://de.wikipedia.org/wiki/Organisationsstruktur_der_SS#/media/File:Organisationsstruktur_der_Schutzstaffel_und_der_Polizei_im_Deutschen_Reich_1941.svg

Die nächst kleinere Einheit nach dem Sturm ist also der sog. Sturmbann. Hierzu fehlt mir aktuell (noch) das Wissen, um aus Ernst Maiers Angabe Ref. Sturm darauf schließen zu können, welchem der 3 Sturmbanne sein Sturm angehörte.

Aus Wikipedia: Die Bezeichnung stammt aus der SA und wurde in den übrigen NS-Organisationen übernommen. Der Sturmbann war dem Bataillon im Heer vergleichbar, konnte aus drei bis fünf Stürmen bestehen und hatte eine Personalstärke von 250 bis 600 Mann.

Im „Forum der Wehrmacht“ ist sowohl für den I. wie für den II. Sturmbann ein Sturm 2/62 verzeichnet. Die zugehörigen Sturmführer sind:

  1. Franken, Hermann und Burkart, Willy
  2. Sader, Oskar

Der Name „Hermann Franken“ lässt sich leider SEHR schwer googlen, zu Oskar Sader liefert das „Axis History Forum“ die Angabe, dass er 1896 geboren sei. Ein interessantes Fundstück ist die hier verlinkte SS-Dienstalterliste, Stand vom Oktober 1934. Hier sind sowohl Franken (NSDAP-Mitglied Nr. 288250), als auch Sader (NSDAP-Mitglied Nr. 552588) zu finden. Down the rabbit hole…

Ich lasse das Thema erstmal ruhen und widme mich zunächst den anderen Angaben im Schreiben Ernst Maiers an das RuSHA:

Ernst Maier war U(nter)-Scharführer der SS.

Aus Wikipedia: Der SS-Unterscharführer (kurz: Uscha; Ansprache: Unterscharführer) war im Deutschen Reich von 1934 bis 1945 der niedrigste Rang der Dienstgradgruppe der Unteroffiziere ohne Portepee der Schutzstaffel (SS). […] In der Allgemeinen SS war der Unterscharführer typischerweise Führer einer Teileinheit von sieben bis fünfzehn SS-Männern.

Aktuell ist mir nichts dazu bekannt, wann und wieso Ernst Maier befördert wurde und wo seine Schar angesiedelt war. Es steht damit allerdings fest, dass er es seit seinem Wechsel von der SA zur SS 1932 immerhin einige Stufen nach oben geschafft hatte.

Angabe Nummer 2 – die Adresse. 

Ernst Maier lebte im August 1935 in der Hauptstraße 3 in Grenzach, Baden. Vorausgesetzt, die Straßenbezeichnung hat sich seither nicht geändert, lag seine Wohnung damit in einem Privathaus in unmittelbarer Nähe zum Rathaus Grenzach. Dass der Weg zum Zoll damit etwas länger war, habe ich schon beschrieben.

Angabe Nummer 3 – V.B. No. 28285

Das ist – auch hier dient als Quelle wieder das „Forum der Wehrmacht“ – die sog. „Versicherungsbestätigungsnummer“. Aus meiner vorangegangenen Recherche zur „Hilfskasse“ schließe ich darauf, dass es sich um seine dortige Mitgliedsnummer handelt.

Angebracht wurde die V.B.-Nummer per Stempel, vermutlich zeitgleich mit dem Eingangsstempel des RuSHA. Ernst Maiers Schreiben hatte es innerhalb von 6 Tagen (der 22.8. war ein Donnerstag, der 28.8 ein Mittwoch) von Grenzach nach Berlin geschafft. 


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